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vollständige Diplomarbeit - Socialnet

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ähnlichen Position wie sie als Flüchtling in Deutschland befindet. Katarina arbeitet nicht. Sie<br />

ist auf der Suche nach einer offiziellen Stelle als Putzhilfe, findet aber keine. Der Ehemann<br />

von Katarina war vor dem Krieg Lastkraftfahrer und arbeitet nun als Hilfsarbeiter in einer<br />

Getränkefabrik. Der nun 16jährige Sohn geht auf das Gymnasium und möchte gerne<br />

Architektur studieren.<br />

Katarina war Mitglied in einer Selbsthilfegruppe für ‚bosnische’ Frauen eines Berliner<br />

Vereins, in dem die Interviewerin von 2001 bis 2004 engagiert war. Dieser Verein bietet<br />

unterschiedliche psychosoziale Hilfen für Flüchtlinge aus der Balkanregion an. Der<br />

persönliche Kontakt ist sehr schnell zustande gekommen, da Katarina in Diskussionen in der<br />

Gruppe immer wieder aus der Sicht der Interviewerin sehr mutige differenzierte Äußerungen<br />

auf den Krieg und die stattgefundenen ‚Ethnisierungen’ der jugoslawischen bzw. der<br />

bosnischen Community einnahm. Diese Argumente vertrat sie immer offen auch gegen<br />

andere Mitglieder der Gruppe, wo viele andere eher zurückhaltend sind, um Ausgrenzungen<br />

zu entgehen. Auf Schuldzuweisungen gegenüber einer ‚Ethnie’ oder ‚Opferpachtungen’ hat<br />

sie immer entgegnet. Katarina war lange eine von drei ‚Kroatinnen’ bzw. ‚Katholischen’ in<br />

der von ‚Bosniakinnen’ dominierten Frauengruppe. Die Gruppe ist auch heute noch<br />

prinzipiell offen für alle Ethnien. Es befand sich nur eine ‚Serbin’ in der Gruppe, drei<br />

‚Katholische’, sechs ‚Roma’, zunehmend mehr ‚Muslime’ aus dem Sandžak in Südserbien,<br />

die große Mehrheit waren aber immer ‚muslimische’ Bosnierinnen. Teilnehmerinnen der<br />

Gruppe waren bis zu 60 Frauen, was aber nicht bedeutet, dass alle Frauen jede Woche kamen.<br />

Katarina kam schon seit 2002 nicht mehr in die Gruppe, da sie ihr ‚Kopfschmerzen mache’.<br />

Seitdem lädt Katarina die Interviewerin regelmäßig zu sich nach Hause ein, manchmal mit<br />

anderen Frauen, manchmal alleine. Bei den Treffen redet Katarina viel über ihre<br />

Schwierigkeiten, ihre Erlebnisse im Krieg, sowie vor dem Krieg und was ihr sonst auf dem<br />

Herzen liegt. Die Interviewerin hilft ihr immer wieder im Umgang mit Behörden, v.a. in der<br />

Kommunikation mit ihrem Vermieter. Eine solche Einladung zum privaten Treffen hat die<br />

Interviewerin zum Anlass genommen, Katarina zu interviewen.<br />

Katarina ist darüber informiert, dass die Interviewerin ihre <strong>Diplomarbeit</strong> schreibt und<br />

möchte ihr helfen. Sie weiß, dass die Interviewerin Psychologie studiert, was für sie<br />

austauschbar mit Psychotherapie ist. Auf diesem Feld nimmt Katarina eine Kompetenz auf<br />

Seiten der Interviewerin an, die nicht unbedingt gegeben ist. Katarina spricht häufig, gern und<br />

offen über sich, ihre Erlebnisse und ihre Schwierigkeiten. Einem Interview für eine<br />

Forschungsarbeit steht sie aber distanzierter und besorgt gegenüber, vermutlich weil ein<br />

‚offizielles Gespräch’ sie unter Leistungsdruck setzt.<br />

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