vollständige Diplomarbeit - Socialnet

entgegnet werden soll, dass sich die Beschwerden des Flüchtlings nicht auf die aktuellen
Lebensbedingungen zurückführen lassen, sondern ausschließlich auf erfahrene politische
Verfolgung bzw. Kriegserlebnisse. Entscheidungstragende begründen ihre Ablehnungen
häufig damit, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die vorgebrachten Beschwerden
erst in Deutschland entstanden sind. (vgl. Internationale Liga für Menschenrechte e.V. 2002).
Ein ‚Doppeldenk’ scheint unter den PraktikerInnen schwer durchhaltbar. Sich andauernd in
einer doppelten Strategie zu verhalten, in der auf der einen Seite nach Außen spezifische
Strategien vertreten werden, nämlich die Diagnose einer PTSD, dem gegenüber in der
konkreten Berufspraxis aber andere Umgangsweisen und Ursachen für die Erkrankung des
Klientels angenommen werden, kommt m.E. eher in der theoretischen Auseinandersetzung,
Anspruchshaltung und Willensbekenntnissen vor und ist in der Praxis schwer umsetzbar. Die
Gründe hierfür liegen u.a. darin, dass die Professionellen fortwährend überlastet sind, auch
„weil sie permanent damit beschäftigt sind, Bescheinigungen für oder gegen eine
Traumatisierung auszustellen, die an die Behörden weitergeleitet werden“ (Becker 2000a, S.
69). Durch die Bescheinigung einer Traumatisierung erfolgt, wenn auch auf indirektem Wege,
ein Beitrag zur Sicherung der Lebensbedingungen für die Betroffenen, wenn auch nur für die,
die eine Bescheinigung erhalten und nicht aufgrund von Arbeitsüberlastung und begrenzten
Kapazitäten gar nicht erst bei den PraktikerInnen angenommen werden.
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