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ist, als in der ‚Normalbevölkerung’. Wenn die klinischen Klassifikationssysteme angewendet<br />
werden, ist die häufige Diagnostizierung der PTSD daher nicht verwunderlich.<br />
Aber die PraktikerInnen üben starke Kritik an der Unzulänglichkeit der<br />
Konzeptionalisierung einer Traumatisierung nach den klinischen Klassifikationssystemen.<br />
Die von Flüchtlingen ebenso häufig berichteten Schuldgefühle, Trauer, Perspektivlosigkeit<br />
und vor allem die Belastung durch aktuell drängende Probleme in Deutschland sind nur<br />
schwer innerhalb einer PTSD konzeptionalisierbar. PraktikerInnen müssen sich dann in der<br />
Behandlung und fachlichen Diskussionen anderen psychologischen Traumakonzepten<br />
zuwenden, welche ermöglichen, die Problemlagen ihres Klientels konzeptionell besser fassen<br />
zu können. Sobald sie sich als ExpertInnen nach außen profilieren und etwas bewirken<br />
möchten, wie es im aufenthaltsrechtlichen Verfahren der Fall ist, haben sie allerdings in<br />
Rechnung zu stellen, dass die klinischen Klassifikationssysteme im Gegensatz zu anderen<br />
Konzepten und Überlegungen breite Anerkennung finden.<br />
• Vor welchen Widersprüchen stehen die PraktikerInnen der psychosozialen Arbeit<br />
mit Flüchtlingen?<br />
Das sich Einlassen auf die Begutachtung von Flüchtlingen stellt PraktikerInnen vor mehrere<br />
Widersprüche, die insbesondere dadurch entstehen, dass nicht alle Flüchtlinge ‚traumatisiert’<br />
sind, Arbeitskapazitäten begrenzt sind und dass die zentrale Sonderregelung für<br />
‚traumatisierte’ bosnische Flüchtlinge, der IMK- Beschluss vom November 2000, ohnehin nur<br />
auf eine ganz bestimmte Gruppe von Menschen Anwendung findet.<br />
Neben den oben bereits angesprochenen Widersprüchen, stellt die Privilegierung einer<br />
bestimmten psychiatrischen Erkrankung, der PTSD, die für eine bestimmte Gruppe zu einem<br />
Bleiberecht führt, PraktikerInnen vor einen Widerspruch, wenn sie Menschen begutachten<br />
müssen, die politisch verfolgt wurden und extreme Gewalt erfahren haben. Denn es ist<br />
fachlich unumstritten, dass PTSD nicht die einzige psychiatrische Erkrankung ist, die auf<br />
Erfahrungen von extremer Gewalt folgen kann. Dem wird rechtlich allerdings nicht Rechnung<br />
getragen.<br />
Bezüglich der Kapazitäten psychosozialer Behandlungszentren oder anderer<br />
PraktikerInnen der psychosozialen Arbeit mit Flüchtlingen lässt sich neben der ohnehin meist<br />
schwierigen Finanzierungssituationen feststellen, dass die Begutachtung zunehmend mehr<br />
Raum einnimmt und die ursprünglichen Aufgaben der Behandlung und psychosozialen<br />
Unterstützung von Flüchtlingen zu verdrängen beginnt. Die Überbelastung der PraktikerInnen<br />
bedeutet, dass nicht alle, die es wollen, behandelt und begutachtet werden können. Auch dies<br />
produziert strukturell Ungerechtigkeiten.<br />
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