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vollständige Diplomarbeit - Socialnet

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Therapie und Begutachtung als positiv hervorhebt. Die aufenthaltsrechtliche Situation<br />

thematisiert Lejla wenig und problematisiert auch nicht die ‚Traumatisiertenregelung’, auch<br />

wenn sie die Entscheidungen der Ausländerbehörde als willkürlich empfindet.<br />

Munira ist aus dem südserbischen Sandžak als 14 jährige nach Berlin geflüchtet. Trotz<br />

Realschulabschlusses und Ausbildung zur Bürokauffrau in Berlin, durfte die heute 25 jährige<br />

Munira aufgrund ihres damaligen geduldeten Aufenthalts nicht arbeiten. Sie erhielt später<br />

eine Aufenthaltsbefugnis durch die anerkannte ‚Traumatisierung’ ihrer bosnischen<br />

Schwiegermutter. Auch mit der nun vorhandenen Arbeitserlaubnis konnte sie bisher keine<br />

Arbeit finden. Auf den Begriff Trauma wurde Munira erstmals in einer Anwaltskanzlei<br />

aufmerksam, in der sie im Rahmen ihrer Ausbildung als Praktikantin beschäftigt war. Die<br />

Verbindung zwischen Trauma und aufenthaltsrechtlichen Verfahren tritt in den Gesprächen<br />

mit Munira im Kontrast zu Lejla immer wieder auf. Auch für Munira bleibt die Erkrankung<br />

PTSD schwammig, aber sie übernimmt- wenn auch gebrochen- die gängige Vorstellung, dass<br />

‚Traumatisierungen’ durch Erlebnisse im Krieg die Beschwerden von Flüchtlingen erklären.<br />

Bei der Begutachtung von Munira und ihrem Ehemann wurde nicht die eigene<br />

‚Traumatisierung’ geprüft, sondern die Frage geklärt, ob ihre ‚traumatisierte’<br />

Schwiegermutter ohne ihre Hilfe im Alltag zurechtkommt oder nicht und deshalb ein<br />

Aufenthalt von Munira und ihrem Ehemann zu rechtfertigen ist. Dennoch ist diese<br />

Begutachtung strukturell ähnlich der Überprüfung einer PTSD abgelaufen. In diesem Rahmen<br />

ist auch Munira eine PTSD diagnostiziert worden. Wie Lejla beschreibt Munira die<br />

Begutachtungssituation als emotional belastend. Sie problematisiert, dass der IMK- Beschluss<br />

von 2000 ungerecht sei, da Menschen aus dem südserbischen Sandžak nicht einbezogen sind.<br />

Die damit verbundene Geschichte ihrer Herkunftsfamilie, die seit Jahren von der<br />

Abschiebung bedroht ist, unterstützt Muniras Haltung, dass alle Flüchtlinge, die krank sind,<br />

ein Bleiberecht in Deutschland erhalten sollten.<br />

Die 46 jährige Katarina thematisiert in dem Gespräch ihre Außenseiterinposition als<br />

katholische Bosnierin unter mehrheitlich ‚muslimischen’ bosnischen Flüchtlingen. Außerdem<br />

räumt sie ihrer Krankheitsgeschichte in den Gesprächen viel Raum ein. Sie berichtet von<br />

unterschiedlichen sich körperlich ausdrückenden Schmerzen sowie Angst,<br />

Niedergeschlagenheit und dem Gefühl von Hoffnungslosigkeit. Katarina erhält auf der Suche<br />

nach Linderung ihrer somatischen Beschwerden von ärztlicher Seite Zurückweisung. Da sie<br />

ähnlich wie Lejla und Munira mit Trauma die unangenehmen Begriffe der Geisteskrankheit<br />

und des Verrücktseins verbindet, begibt sie sich erst später in neurologische und<br />

psychotherapeutische Behandlung. Noch heute äußert Katarina ein Unbehagen gegenüber<br />

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