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vollständige Diplomarbeit - Socialnet

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Überprüfung der Atteste nur in ‚Zweifelsfällen’ statt, ab dem 17.02.2000 wurden alle<br />

bosnischen Flüchtlinge, die eine PTSD vorbrachten, von dem PÄD nochmals begutachtet<br />

(vgl. Groninger 2001). Wiedersetzten sie sich einer Zweitbegutachtung, drohte Abschiebung.<br />

Die ‚PolizeiärztInnen’ wurden von der Ausländerbehörde angestellt. SprachmittlerInnen<br />

sollten von den Flüchtlingen selbst mitgebracht werden. Die polizeiärztliche Begutachtung<br />

wurde sehr restriktiv gehandhabt, „bei 80- 90 % wurde vom überprüfenden Arzt keine<br />

Traumatisierung festgestellt“ (Lützel 1999, S. 56). Diese Begutachtung ist so belastend und<br />

negativ für die Mehrzahl der zweitbegutachteten bosnischen Flüchtlinge verlaufen, dass die<br />

Ausländerbehörde Berlin unter öffentlichen Druck geriet, insbesondere durch das<br />

nachweisliche Fehlverhalten einer bestimmten Mitarbeiterin (vgl. Groninger 2001). Die<br />

Stellungnahmen des PÄD wurden von der Berliner Senatsverwaltung für Inneres „im<br />

Nachhinein wegen fachlicher Mängel als unbeachtlich betrachtet“ (Appell für eine Berliner<br />

Bleiberechtsregelung 2004b, S. 2). Bis dahin waren aber zahlreiche Abschiebungen auf<br />

Grundlage dieser polizeiärztlichen Stellungnahmen schon erfolgt.<br />

2.4.4. Weisung der Innenministerkonferenz vom 23./24.11. 2000<br />

Am 23. und 24. November 2000 kamen die InnenministerInnen bzw. –senatorInnen der<br />

sechzehn Bundesländer in Bonn zusammen, um Entscheidungen bezüglich einer<br />

abschließenden Regelung für Flüchtlinge aus Bosnien und Hercegovina zu treffen 44 . Auf<br />

dieser 165. Sitzung der ständigen Konferenz der InnenministerInnen und –senatorInnen der<br />

Länder (IMK) wurde eine Grundlage geschaffen, nach der eine Erteilung einer<br />

Aufenthaltsbefugnis für ‚traumatisierte’ Flüchtlinge aus BiH in Aussicht gestellt wurde.<br />

Dies geschah als Konsequenz von Initiativen unterschiedlicher Gruppen 45 die ein<br />

Bleiberecht für ‚traumatisierte’ BosnierInnen forderten. Auch Abgeordnete des Deutschen<br />

Bundestages traten im sog. ‚Osterappell’ 46 für eine Bleiberechtsregelung von<br />

‚traumatisierten’ Flüchtlingen aus BiH ein. Der Bundesinnenminister Otto Schily setzte sich<br />

im Mai 2000 in einem Brief an die InnenministerInnen bzw. –senatorInnen der Bundesländer<br />

44 Die IMK hat auch einen Beschluss bezüglich Flüchtlingen aus dem Kosovo getroffen. Diese können nach<br />

Einzelfallprüfung eine Aufenthaltsbefugnis bekommen, haben aber kein Anrecht darauf (vgl.<br />

Beschlussniederschrift IMK vom 24./24. November 2000, S. 1). Sie sind immer noch gegenüber vielen anderen<br />

Flüchtlingsgruppen im Vorteil. Darauf wird hier nicht weiter eingegangen, da Gegenstand und Subjekte der<br />

<strong>Diplomarbeit</strong> Frauen sind, die aus Bosnien und Hercegovina kommen, bzw. aus dem Sandžak.<br />

45 Darunter Wohlfahrtsverbände, Flüchtlingsräte, Pro Asyl, Amnesty International Deutschland, die BAFF als<br />

Sprachrohr für mehr als 20 in Deutschland operierende psychosozialen Behandlungszentren für Flüchtlinge,<br />

andere Behandlungszentren für Flüchtlinge, Kirchenverbände, PsychologInnen, ÄrztInnen, AnwältInnen und<br />

Anwaltsvereinigungen sowie Privatpersonen.<br />

46 Die InitiatorInnen waren vier Abgeordnete des Menschenrechtsausschusses des deutschen Bundestages.<br />

Claudia Roth (Grüne), Sabine Leithäuser- Schnarrenberger (FDP), Dr. Christian Schwarz- Schilling (CDU) und<br />

Heide Mattischeck (SPD). 100 Abgeordnete des Deutschen Bundestages unterschrieben den sog. ‚Osterappell’.<br />

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