vollständige Diplomarbeit - Socialnet
vollständige Diplomarbeit - Socialnet
vollständige Diplomarbeit - Socialnet
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Anpassungsstörung (F 43.2) 78 , die ähnliche Symptome beschreibt, aber kein ‚traumatisches<br />
Ereignis’ voraussetzt, in eine eigene Kategorie der „Reaktionen auf schwere Belastungen und<br />
Anpassungsstörungen“ ( ICD- 10, Kap. V, 1993 S. 22) klassifiziert worden. In der Einleitung<br />
zu dieser Kategorie wird darauf verwiesen, dass sich die „Störungen dieses Abschnittes [...]<br />
von den übrigen nicht nur aufgrund der Symptomatologie und des Verlaufs [unterscheiden,<br />
K.R.], sondern auch durch die Angabe von ein oder zwei ursächlichen Faktoren: ein<br />
außergewöhnlich belastendes Lebensereignis, das eine akute Belastungsreaktion hervorruft,<br />
oder eine besondere Veränderung im Leben, die zu einer anhaltend unangenehmen Situation<br />
geführt hat und eine Anpassungsstörung hervorruft“ (ebd.). Weiter wird darauf hingewiesen,<br />
dass schwere Lebensereignisse oder Situationen auch den Beginn und Verlauf „zahlreicher<br />
anderer Störungen [...] auslösen und beeinflussen können“ (ebd.), die Ursache der<br />
Entwicklung von psychiatrischen Störungen sei allgemein „nicht immer ganz klar“ (ebd.).<br />
Abgesehen davon, dass der ICD- 10 eher in Europa angewendet wird, als der DSM- IV,<br />
stellt insbesondere das nur im ICD- 10 enthaltene Diagnosebild der „Andauernden<br />
Persönlichkeitsstörung nach Extrembelastung“ (ICD 10, Kap. V, 1993, S. 33) für<br />
PraktikerInnen der psychosozialen Arbeit mit Flüchtlingen eine Möglichkeit der Betonung<br />
der Schwere der Leiden von Flüchtlingen dar. Dem gegenüber steht die praktisch einfachere<br />
Anwendbarkeit des DSM- IV in dem neben einer Definition des Krankheitsbildes PTSD eine<br />
Anleitung zur Diagnose einer PTSD enthalten ist, die eine Diagnostizierung einer PTSD u.U.<br />
erleichtert. So ist schwer zu entscheiden, welches klinische Klassifikationssystem für die<br />
Begutachtung von Flüchtlingen relevanter ist, bzw. mehr benutzt wird. Meist wird nach<br />
beiden Klassifikationssystemen diagnostiziert, bzw. alternierend. Eine Andauernde<br />
Persönlichkeitsstörung nach Extrembelastung (F62.0) wird definiert als:<br />
„Eine andauernde, wenigstens über zwei Jahre bestehende Persönlichkeitsänderung<br />
kann einer Belastung katastrophalen Ausmaßes folgen. Die Belastung muß extrem<br />
sein, so daß die Vulnerabilität der betreffenden Person als Erklärung für die<br />
tiefgreifende Auswirkung auf die Persönlichkeit nicht in Erwägung gezogen werden<br />
muß. Die Störung ist durch eine feindliche oder mißtrauische Haltung gegenüber der<br />
78 „Hierbei handelt es sich um Zustände von subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung , die im<br />
allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer<br />
entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen auftreten. Die Belastung kann das<br />
soziale Netz des Betroffenen beschädigt haben (wie bei einem Trauerfall oder Trennungserlebnissen) oder das<br />
weitere Umfeld sozialer Unterstützung oder soziale Werte (wie bei Emigration oder nach Flucht). Sie kann auch<br />
in einem größeren Entwicklungsschritt oder einer Krise bestehen (wie Schulbesuch, Elternschaft, Mißerfolg,<br />
Erreichen eines ersehnten Zieles und Ruhestand). Die individuelle Prädisposition oder Vulnerabilität spielt bei<br />
dem möglichen Auftreten und bei der Form der Anpassungsstörung eine bedeutsame Rolle; es ist aber dennoch<br />
davon auszugehen, daß das Krankheitsbild ohne die Belastung nicht entstanden wäre. Die Anzeichen sind<br />
unterschiedlich und umfassen depressive Stimmung, Angst oder Sorge (oder eine Mischung von diesen).<br />
Außerdem kann ein Gefühl bestehen, mit den alltäglichen Gegebenheiten nicht zurechtzukommen, diese nicht<br />
vorausplanen oder fortsetzen zu können. Störungen des Sozialverhaltens können insbesondere bei Jugendlichen<br />
ein zusätzliches Symptom sein. Hervorstechendes Merkmal kann eine kurze oder längere depressive Reaktion<br />
oder eine Störung anderer Gefühle und des Sozialverhaltens sein“ (ICD- 10, Kap. V, 1993, S. 22).<br />
46