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Kapitel Eins<br />

Einleitung<br />

1.1. Problemfeld und Ausgangslage<br />

Seit Mitte der 90er Jahre spielt die Begutachtung potentiell ‚Traumatisierter’ in der<br />

psychologischen Berufspraxis mit Flüchtlingen eine zunehmend bedeutende Rolle. Im Zuge<br />

der Kriege im ehemaligen Jugoslawien sind 350.000 Menschen in die BRD geflüchtet 1 . Ihre<br />

Erfahrungen von Krieg, Verfolgung und Flucht ließen sich nicht in die Kategorien einer<br />

staatlichen Verfolgung in Asylverfahren fassen, da sich gerade in Bosnien und Hercegovina 2<br />

staatliche Strukturen auflösten. Es bestand aber zu Beginn des Aufenthaltes bosnischer<br />

Flüchtlinge von Seiten der BRD der politische Wille, dieser Gruppe einen vorübergehenden<br />

Aufenthalt zu gewähren. Dieses änderte sich allerdings im Dezember 1995 mit dem<br />

Friedensvertrag von Dayton, mit dem die Rückführung der in Deutschland lebenden<br />

bosnischen Flüchtlinge eingeleitet wurde. Für psychisch erkrankte Flüchtlinge wurden<br />

Regelungen getroffen, welche mit dem Vorliegen einer kriegsbedingten ‚Posttraumatischen<br />

Belastungsstörung’ 3 einen Schutz vor Abschiebung bzw. einen Eintritt in einen dauerhaften<br />

Aufenthalt in der BRD ermöglichen.<br />

Psychologie und Medizin bewegen sich durch die Begutachtungspraxis in<br />

aufenthaltsrechtlichen Anerkennungsfragen von Flüchtlingen in einem Spannungsfeld,<br />

bestehend aus unterschiedlichen Interessenlagen der AkteurInnen. Entscheidungstragende 4<br />

Instanzen, wie die Ausländerbehörde und die in diesem Kontext immer mehr an Einfluss<br />

gewinnenden Verwaltungsgerichte vertreten insbesondere das Interesse der Einhaltung bzw.<br />

Umsetzung der rechtlichen Bestimmungen. Flüchtlinge, die meist schon mehrere Jahre mit<br />

unsicherem Aufenthaltsstatus in Deutschland leben, haben das Interesse an einem möglichst<br />

gesicherten Aufenthalt und der Beendigung einer Lebenssituation ohne Perspektive.<br />

PraktikerInnen 5 der psychosozialen Arbeit mit Flüchtlingen verstehen sich häufig selbst als<br />

UnterstützerInnen der Interessen ihres Klientels an einem Bleiberecht und einem Ausweg aus<br />

einer strukturell ausgegrenzten Lebenssituation. Aber das Handeln der PraktikerInnen kann<br />

1 Vgl. Appell für eine Berliner Bleiberechtsregelung 2004b.<br />

2 Gleichbedeutend wird Bosnien und Hercegovina und BiH (Bosna i Hercegovina) verwendet.<br />

3 Folgende Begriffe werden synonym verwendet: Posttraumatische Belastungsstörung, PTSD, PTBS, PTB.<br />

4 Entscheidungstragende werden hier diejenigen genannt, die in aufenthaltsrechtlichen Anerkennungsverfahren<br />

befugt sind, Entscheidungen darüber zu treffen, ob ein Flüchtling einen Aufenthaltsstatus in der BRD gewährt<br />

bekommt, abgeschoben wird- oder die Abschiebung ausgesetzt wird. Dies sind die sog. EinzelentscheiderInnen<br />

der BAFl/ BAMF, Verwaltungs- und OberverwaltungsrichterInnen und entscheidungsbefugte MitarbeiterInnen<br />

der Ausländerbehörden.<br />

5 Als PraktikerInnen werden all jene PsychologInnen, PsychotherapeutInnen und MedizinerInnen bezeichnet,<br />

welche im Kontext der psychosozialen Arbeit bzw. therapeutisch oder medizinisch mit Flüchtlingen tätig sind.<br />

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