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6.5. Die Interviewerin und die Interviewten<br />
Hier wird die Beziehung der Interviewerin zu den Interviewten allgemein reflektiert. Da diese<br />
Beziehung nur eingeschränkt auf alle Gesprächspartnerinnen verallgemeinerbar ist, erfolgt<br />
eine Positionierung zu jeder Interviewten gesondert in der analytischen Einleitung der<br />
jeweiligen Interviews.<br />
Die Interviewpartnerinnen wurden ausgewählt, da sie als zugehörig zu der Gruppe<br />
‚traumatisierter bosnischer Flüchtlinge’ wahrgenommen werden. Alle drei Kategorien legen<br />
die Homogenität einer Gruppe nahe, die so nicht gegeben ist. Es einen sie aber ähnlich<br />
gelagerte Erfahrungen der Herkunft, Flucht, Erfahrungen von Vertreibung und Gewalt, sowie<br />
nicht zuletzt des Lebens als bosnische Flüchtlinge in Deutschland mit all seinen<br />
Implikationen. Damit verbunden ist, wie Bourdieu et. al. (1997/2002) es ausdrücken würden,<br />
eine bestimmte „Position und Perspektive“ (Bourdieu 1997/2002 c, S. 17, Hervorhebung<br />
K.R.), der in den Interviews nachgegangen wird. Auch wurden die Interviewpartnerinnen<br />
ausgewählt, da sie alle relativ belastbar sind und schon über mindestens zwei Jahre einen<br />
gesicherten Aufenthaltsstatus inne haben. Zwar wird damit in Kauf genommen, dass die<br />
Begutachtung und akute Krisen länger zurückliegen und damit die Erinnerung an diese Zeit<br />
verändert ist, expost vielleicht auch anders wahrgenommen und anders bewertet wird. Der<br />
zeitliche Abstand bietet jedoch den Vorteil, dass ein Gespräch über die Begutachtung, ihr<br />
aufenthaltsrechtliches Anerkennungsverfahren und ihre Gefühle und Bewertungen sie nicht<br />
‚aus der Bahn wirft’ auch wenn die Gesprächsthemen ebenfalls alle vier Interviewten<br />
belasteten. Jedoch soll auch erwähnt werden, dass alle Interviewten mehr oder weniger<br />
‚erfolgreiche Fälle’ darstellen. Sie leben zwar im Vergleich zu den meisten in Deutschland<br />
Lebenden- wie auch der Interviewerin- in einer objektiven Benachteiligung. Dessen<br />
ungeachtet haben sie im Vergleich zu einer Mehrheit der bosnischen Flüchtlinge die deutsche<br />
Sprache gut gelernt, was ihnen eine andere Teilhabe und Mündigkeit in der Gesellschaft<br />
ermöglicht. Auch haben sie eine Aufenthaltsbefugnis nach IMK- Beschluss vom November<br />
2000 133 bekommen, und das zeitlich recht früh, im Gegensatz zu vielen Anderen, die bereits<br />
abgeschoben wurden oder immer noch auf eine Entscheidung ihres Antrages auf<br />
Aufenthaltsbefugnis warten. Ganz abgesehen von Flüchtlingen anderer Herkunft, denen die<br />
Möglichkeit nicht offen steht, mittels einer fachlich- psychologischen bzw. fachärztlichen<br />
Begutachtung einen relativ gesicherten Aufenthaltsstatus zu erlangen.<br />
Die Position der Interviewerin zu den Interviewten ist, wie alle sozialen Beziehungen,<br />
komplex. Nach Einschätzung der Interviewerin scheint insbesondere das Vorhandensein einer<br />
133 Siehe dazu Kapitel Zwei.<br />
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