vollständige Diplomarbeit - Socialnet
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privaten Beziehung der Gesprächspartnerinnen zueinander, eine wichtige Rolle zu spielen.<br />
Die implizierte soziale Nähe zu den Interviewten, erlebt die Interviewerin als einen Vorteil in<br />
der Kommunikation. Dieses kann zweifelsohne auch zu nachteiligen Effekten führen,<br />
insbesondere wenn beide Gesprächspartnerinnen vor der Anderen gut dastehen möchten. Es<br />
kann ein Leistungsdruck entstehen, der bei einer unbekannten Person als Interviewerin<br />
vielleicht nicht so präsent wäre. Dass die Gesprächspartnerinnen um die privaten Umstände<br />
der anderen wissen, trägt möglicherweise zu einer Relativierung der ungleichen Positionen als<br />
Interviewerin und Interviewte bei. Das Kennen der Positionen und Lebenskontexte der jeweils<br />
Anderen ermöglicht eine Relativierung einer gewaltvollen Kommunikation 134 . Ein Interview<br />
ist immer eine ungleiche Kommunikation, insbesondere, wenn Gesprächsinhalte persönlich<br />
sind, in der die Interviewerin ihren persönlichen Lebenskontext nicht preisgibt und die Andere<br />
befragt. Auch trägt bei drei der vier Gespräche 135 zu einer Relativierung des Machtgefälles<br />
bei, dass die Interviewten in der Generation einer Tante und nicht einer Gleichaltrigen sind,<br />
was im Kontext ‚jugoslawischer Kultur’ ein Verhältnis des Respektes der Jüngeren gegenüber<br />
der Älteren impliziert.<br />
Alle Interviewten kennt die Interviewerin aus dem gleichen Verein, in dem kulturelle<br />
Veranstaltungen um den regionalen Raum Südost Europa stattfinden, sowie psychosoziale<br />
Hilfen angeboten bzw. weitervermittelt werden. Zwei der vier Interviewten hat die<br />
Interviewerin im Kontext einer Selbsthilfegruppe für serbisch- kroatisch- bosnisch sprechende<br />
Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien kennengelernt, welche die Interviewerin 2001 bis<br />
2004 mit anleitete. Die anderen beiden Frauen hat die Interviewerin in Zusammenarbeit in<br />
unterschiedlichen Projekten dieses Vereins kennengelernt. Der Kontakt mit allen vier<br />
Interviewten, ist aber eher ein privater, als ein professioneller.<br />
Dass die Interviewerin Psychologie studiert und in unterschiedlichen Vereinen der<br />
psychosozialen Hilfen für Flüchtlinge Praktika absolvierte bzw. mitarbeitete, wissen alle<br />
Interviewten. Sie haben z.T. konkrete Vorstellungen davon, was ein Psychologiestudium ist,<br />
die sich nicht unbedingt mit der Realität decken. So nehmen sie an, dass Psychologie mit<br />
Psychotherapie gleichzusetzen ist, mit der sie schon ausgiebig Erfahrung gesammelt haben. In<br />
vielen Bereichen nehmen sie aufgrund dessen ein fachliches Wissen an, was die Interviewerin<br />
nicht immer einlösen kann, bspw. über Medikamente und deren Wirkung. Aber die<br />
Interviewerin nimmt sich auch selbst wahr als künftige Psychologin, die deshalb Perspektiven<br />
von PraktikerInnen nachvollziehen kann und auch einnimmt. In Bereichen, in denen die<br />
Interviewerin über ein fachliches Wissen verfügt, über das die Interviewten nicht verfügen,<br />
134 Wie unter 6.1.mit Bourdieu diskutiert.<br />
135 Bei Lejla, Katarina und Snežana, die nicht in die <strong>Diplomarbeit</strong> aufgenommen wurde.<br />
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