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Kapitel Sieben- Lejla<br />

7.3. Kommunikative Validierung mit Lejla<br />

Im Vorfeld des zweiten Gesprächs hat die Interviewerin Lejla das Transkript des ersten<br />

Gespräches zum Lesen gegeben mit der Bitte, wenn sie etwas anders sieht oder etwas<br />

anmerken möchte, dieses zu kennzeichnen oder es mündlich bei dem Nachgespräch<br />

mitzuteilen oder zu diskutieren. Die Gesprächspartnerinnen haben sich zwischen den beiden<br />

Gesprächen nicht privat getroffen, nur zweimal telefoniert. Die Gesprächsatmosphäre ist<br />

entspannt, das Gespräch findet wieder auf der Arbeitsstelle von Lejla statt. Es ist aber später<br />

Nachmittag, so dass kaum noch jemand dort ist. Eingestiegen in das Gespräch ist die<br />

Interviewerin mit der Frage, ob Lejla etwas am Transkript geändert hat oder mit ihr über das<br />

Transkript reden möchte. Lejla hat es gelesen, aber nichts verändert, es sei so in Ordnung. Sie<br />

habe es belastend und merkwürdig gefunden es zu lesen, wollte das Transkript aber<br />

aufbewahren. Aus der Therapie habe sie auch einige Aufzeichnungen, die sie aufbewahrt<br />

habe. Auch auf Nachfrage zeigt Lejla kein Interesse, das Transkript in irgendeinem Punkt<br />

abzuändern oder darüber zu diskutieren.<br />

Lejla erzählt, im Dezember sei es ihr noch schlechter gegangen, als im November, als das<br />

erstes Interview stattfand. Ihre Hausärztin habe sie in die Psychiatrie überweisen wollen. Aber<br />

sie hätten sich darauf einigen können, dass sie statt Krankenhausaufenthalt eine ambulante<br />

Traumatherapie mache, die „was Neues“ sei. Auch habe sie durch die Umstellung des<br />

Arbeitslosengeldes im Januar zunächst kein Geld bekommen, was sie sehr belastet habe.<br />

Im Nachgespräch des Interviews wollte die Interviewerin insbesondere ihre Hypothese zur<br />

Diskussion stellen, dass sie den Eindruck habe, dass es Lejla dann schlecht gehe, wenn sie<br />

beruflich keine Perspektive sehe und dass das nicht unbedingt mit ihren Erfahrungen im Krieg<br />

zu tun habe, sondern mit den schwierigen Lebensbedingungen in Berlin, in denen sie stecke 153<br />

und ihr daher auch die selbstständige Suche nach Beschäftigung möglicherweise mehr helfe<br />

als Psychotherapie.<br />

Lejla antwortet auf diese Feststellung ausführlich und differenziert. Auf der einen Seite<br />

helfe ihr die Psychotherapie. Insbesondere das exklusive Vertrauensverhältnis zu der<br />

Therapeutin unterstütze sie sehr, auf einer anderen Ebene als die „Beschäftigung“. Nach dem<br />

Krieg vertraue Lejla nur noch sehr wenigen Menschen. „Zur Zeit ist die einzige Person meine<br />

Therapeutin“. Die Therapeutin scheint diese privilegierte Rolle einzunehmen, gerade, weil es<br />

ihr ‚Beruf’ ist, sich Lejlas Geschichte und Erlebnisse anzuhören, ohne dass Lejla das Gefühl<br />

haben muss, sie zu belasten. Mit der Familie und einigen Freundinnen habe sie auch ein enges<br />

153 Leitfaden zur Kommunikativen Validierung mit Lejla siehe Anhang Drei.<br />

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