vollständige Diplomarbeit - Socialnet
vollständige Diplomarbeit - Socialnet
vollständige Diplomarbeit - Socialnet
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Kapitel Sieben- Lejla<br />
7.1. Lejla: „Wie ich das tragen kann, das ist mein Trauma“<br />
Lejla Baktic 143 ist 41 Jahre alt. Sie ist 1993 gemeinsam mit ihrem nun 16 jährigen Sohn nach<br />
Berlin geflohen. Lejla kommt aus einer kleinen Stadt im Norden Bosnien und Hercegovinas<br />
in der Nähe der heutigen kroatischen Grenze. Sie ist muslimischer Konfession. Lejlas<br />
Ehemann ist im Krieg umgekommen, seitdem ist sie alleinerziehend und hat auch keinen<br />
anderen Partner als ihren Mann gehabt. In Bosnien und Hercegovina hat Lejla den Beruf der<br />
Landschaftsplanerin erlernt. Auch hat sie dort Jugendgruppen geleitet. In Deutschland wurde<br />
ihr Abschluss nicht anerkannt und ihre Arbeitserfahrungen in der Jugendarbeit hat sie sich<br />
beruflich nicht zu Nutzen machen können. Lejla ist eine der wenigen Personen, die ihre<br />
Aufenthaltsbefugnis schon im Februar 2000 bekommen hat. Direkt einen Monat nach Geltung<br />
des IMK- Beschlusses von 2000 144 hat sie eine Einladung von der Ausländerbehörde zur<br />
Bewilligung einer Aufenthaltsbefugnis nach IMK- Beschluss bekommen, sie hat keinen<br />
Antrag auf Aufenthaltsbefugnis stellen müssen. Begutachtet wurde Lejla von ihrer damaligen<br />
Gruppentherapeutin.<br />
Interviewerin und Interviewte kennen sich seit circa vier Jahren durch Zusammenarbeit in<br />
einem Berliner Verein. Dort finden kulturelle Veranstaltungen statt und es werden Projekte in<br />
Bosnien und Hercegovina von Berlin aus koordiniert. Vor allem hat sich dieser Verein jedoch<br />
als Anlaufpunkt für Berliner Flüchtlinge aus der Region des ehemaligen Jugoslawien<br />
entwickelt. Lejla ist auch heute noch dort tätig und die Interviewerin hat dort gearbeitet. Sie<br />
haben in einigen Projekten zusammengearbeitet. Lejla ist eine sehr zurückhaltende Person.<br />
Bis beide sich auch privat ausgetauscht haben und außerhalb der Arbeit getroffen haben, ist<br />
einige Zeit vergangen. Mittlerweile sind beide befreundet. Die Interviewerin hat Lejla im<br />
Sommer bei ihrer Familie in ihrem Herkunftsort in BiH besucht.<br />
Lejla ist darüber informiert, dass die Interviewerin ihre <strong>Diplomarbeit</strong> schreibt. Sie willigt<br />
in das Interview ein, um die Interviewerin zu unterstützen. Lejla ist im Vorfeld unsicher, ob<br />
sie die Fragen auch ‚gut’ beantwortet. Beide Gesprächspartnerinnen kennen ihre Positionen<br />
und Blickwinkel auf die verhandelten Gesprächsinhalte. Über die Gesprächsinhalte und auch<br />
über die Erlebnisse von Lejla im Krieg haben sie sich mehrmals unterhalten. In den<br />
vorangehenden Wochen des Interviews ging es Lejla nicht gut, sie willigte trotzdem in das<br />
Gespräch ein. In den Kontakten der vorangehenden Wochen war Lejla belastet, empfindlich<br />
und weinte schnell. Die Sorgen von Lejla sind, dass ihr Arbeitsvertrag zwei Monate zuvor<br />
143 Namen, Institutionen und Orte wurden anonymisiert.<br />
144 Siehe dazu Kapitel Zwei.<br />
122