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vollständige Diplomarbeit - Socialnet

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Nach dem zweiten Weltkrieg entwickelte sich eine neue Richtung der ‚Trauma-<br />

Forschung’, die sich die Überlebenden der Shoa, insbesondere Überlebende von<br />

Konzentrationslagerhaft zum Gegenstand machte. Es konnte belegt werden, dass Überlebende<br />

von Konzentrationslagerhaft gegenüber der Normalbevölkerung eine „erhöhte Mortalität und<br />

generelle somatische und psychiatrische Morbidität“ (van der Kolk et. al. 2000c, S. 84)<br />

aufwiesen. So wurde der Begriff des „Konzentrationslagersyndroms“ (ebd.) oder „Survivor-<br />

Syndrom“ (Mehari 2001) verwendet. Die Erkenntnisse dieser Forschungstradition stammen<br />

meist aus einer psychoanalytischen Forschungstradition, in der Realtraumata lange Zeit eine<br />

Randexistenz führten (vgl. Becker 2002b; Herman 1994). Die unterschiedlichen Forschungen<br />

zum psychischen Schaden von (meist) jüdischen Überlebenden der Shoa haben weniger<br />

Eingang in die psychiatrischen Diagnosekriterien gefunden als die Untersuchungen zu<br />

Soldaten, die unter ihrer Beteiligung am Krieg und Mittäterschaft im Krieg<br />

zusammengebrochen sind. Als wichtige Vertreter der Erforschung der psychischen<br />

Folgeerscheinungen von Konzentrationslagerhaft und Verfolgung in der NS- Zeit sind<br />

Bettelheim, Khan, Matussek, Kardiner, Eitinger oder Keilson zu nennen. Viele in der Arbeit<br />

mit Flüchtlingen und politisch Verfolgten entwickelte Überlegungen beziehen sich auf<br />

Forschungsansätze, die im Zusammenhang mit Shoa- Überlebenden entstanden, insbesondere<br />

auf Theorien Bettelheims und Keilsons 70 .<br />

Anfang der 70er Jahre entwickelte sich ein Forschungsansatz, der die psychischen Folgen<br />

von sexualisierter Gewalt thematisierte. Frauen machten zum ersten Mal systematisch die<br />

psychischen Folgen sexualisierter Gewalt zum Thema. Zentral in den Diskussionen dieser<br />

Forschungstradition war die Erforschung psychischer Folgen sowohl sexuellen Missbrauchs<br />

in der Kindheit, als auch von Vergewaltigung erwachsener Frauen. Es wurde versucht, die<br />

Leiden der Opfer sexualisierter Gewalt zu benennen und zu klassifizieren, therapeutische<br />

Behandlungsansätze zu entwickeln, als auch das Thema in die Öffentlichkeit zu tragen. Diese<br />

Diskussionen fanden parallel zu- und wenig in Kommunikation mit Kriegsveteranen statt<br />

(vgl. Herman 1994). Die Soziologinnen Ann Burgess und Linda Holmstrom beschrieben 1974<br />

die Ergebnisse ihrer Erhebungen im Boston City Hospital. Darin beschrieben sie die<br />

Symptome von vergewaltigten Frauen, das „rape- trauma- syndrom“ (Langkafel 2000, S.9).<br />

Sie stellten eine Ähnlichkeit fest zu den Symptomen von Kriegsveteranen, insbesondere<br />

70 Dies könnte auch damit zusammenhängen, dass es nicht nur viele strukturelle Gemeinsamkeiten aufgrund von<br />

Erfahrungen von Verfolgung, Lagerhaft und Folter, Vertreibung etc. gibt. M.E. erweisen sich Untersuchungen<br />

aus diesem Bereich auch als brauchbar, da Vertreibung, Exilierung und Flucht beide Gruppen betrifft. Auch soll<br />

hier angemerkt werden, dass sich Shoa- Überlebende im Rahmen von Entschädigungsverfahren einer<br />

Begutachtungspraxis unterziehen mussten, die strukturell mit der polizeiärztlichen Untersuchung von bosnischen<br />

Kriegsflüchtlingen vergleichbar ist (vgl. Groninger 2001).<br />

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