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einen Vorrang gegenüber ‚AusländerInnen’ haben, wird diese de Facto in vielen<br />
Bundesländern generell nicht erteilt (vgl. ebd.).<br />
• Ohne Einkommen aus Arbeit sind Flüchtlinge auf den Bezug von Sozialhilfe angewiesen.<br />
Ab August 1997 wurde die Sozialhilfe für Flüchtlinge nach einer Änderung des AsylbeLG<br />
(Asylbewerber Leistungsgesetz) gekürzt 19 .<br />
• Ein Anspruch auf eine eigene Wohnung besteht nicht. Sie kann beantragt und im<br />
Einzelfall gestattet werden. Anspruch besteht auf sechs m² pro Person in<br />
Gemeinschaftsunterkünften, sog. Flüchtlingswohnheimen (vgl. Rüffer et. al. 2003).<br />
• Ein Anspruch auf medizinische Versorgung besteht nur bei akuten und schwerwiegenden<br />
Krankheiten. Es soll lediglich eine Notfallversorgung erfolgen. Kosten einer<br />
Psychotherapie bei niedergelassenen TherapeutInnen werden nicht übernommen, schon<br />
gar nicht anfallende Kosten für Sprachmittlung. Den Betroffenen bleibt häufig nur der<br />
Rückgriff auf die überlasteten Beratungsstellen und Behandlungszentren für Flüchtlinge 20<br />
(vgl. ebd.).<br />
2.2.2. Grenzübertrittsbescheinigung<br />
Eine sog. Grenzübertrittsbescheinigung stellt keinen Aufenthaltsstatus dar. Es existiert<br />
lediglich eine Negativdefinition. Sie wird nach einem „negativen Ausgang des Asylverfahrens<br />
und nicht erteilter bzw. nicht mehr verlängerter Duldung“ (Münchener Flüchtlingsrat 2005, S.<br />
3) ausgestellt. Die Betroffenen erhalten ein Schreiben der Ausländerbehörde, in dem sie bis zu<br />
einem bestimmten Datum vollziehbar zur Ausreise verpflichtet werden. Der gewährte<br />
Zeitraum der ‚freiwilligen’ Ausreise umfasst nur wenige Tage bis zu wenigen Wochen. Dieser<br />
Aufenthaltsstatus wird ‚Grenzübertrittsbescheinigung’ genannt, da dieses Schreiben zum<br />
Nachweis einer erfolgten ‚freiwilligen’ Ausreise an der Grenze abgegeben werden muss.<br />
Reist die Person bis zu diesem Datum nicht freiwillig aus, wird eine Abschiebung bzw.<br />
Abschiebehaft angedroht. Hinzu kommt, dass eine abgeschobene Person ein Einreiseverbot in<br />
die BRD erhält. Die unterschiedlichen Restriktionen einer Duldung, wie oben aufgeführt,<br />
bestehen weiterhin, neben der noch größeren Rechtsunsicherheit vor erzwungener und<br />
unangekündigter Abschiebung und der größeren behördlichen Kontrolle durch die teilweise<br />
wöchentlich erfolgende Vorsprechpflicht für eine neue Grenzübertrittsbescheinigung bzw.<br />
Festnahme und Abschiebehaft oder Zwangsabschiebung.<br />
19 Flüchtlinge erhalten danach im Gegensatz zu Einheimischen oder rechtlich besser gestellten MigrantInnen nur<br />
80% des Sozialhilfesatzes. Ab 1998 wurde diese gekürzte Sozialhilfe in einigen Bezirken von Berlin nicht mehr<br />
bar ausgezahlt. Stattdessen erhalten sie ‚Sachleistungen’, d.h. ihnen werden im Wohnheim Lebensmittel<br />
zugewiesen, oder sie erhalten Chipkarten, mit denen sie nur in ganz bestimmten, meist teuren Läden einkaufen<br />
dürfen (vgl. Südost Europa Kultur e.V. 1998).<br />
20 Anzumerken ist aber hier, „dass die Wirklichkeit der medizinischen und psychologischen Versorgung<br />
zumindest im somatischen Bereich besser ist, als vom Gesetzgeber intendiert, da sich das Versorgungssystem<br />
pragmatisch über die vorgegebenen Restriktionen hinwegsetzt“ (Zenker 2001, S. 156). Eindruck der Verfasserin<br />
ist, dass abgesehen von mangelnder Erfahrungen im Umgang mit Flüchtlingen im interkulturellen Bereich bzw.<br />
dem nicht Vorhandensein von SprachmittlerInnen, sich Flüchtlinge aus BiH in ausgesprochen engmaschigen<br />
gesundheitlichen Versorgungen befinden.<br />
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