vollständige Diplomarbeit - Socialnet
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Verhältnis, insbesondere zu ihrer Zwillingsschwester, die noch in Berlin lebt. „Aber nicht so,<br />
dass ich darüber reden kann“, auch weil die ganze Familie selbst „Schreckliches erlebt“<br />
habe. Die Schwester habe ihre eigenen Probleme, deshalb rede sie nicht mit ihrer Schwester<br />
über ihre Probleme. Lejla sagt, dass sie seit dem Krieg so enttäuscht von Menschen sei, dass<br />
sie ganz schwer Vertrauen fasse. „Ich habe Vertrauen verloren, das ist innerlich“,<br />
insbesondere, weil ihre engen Freunde gewusst hätten, dass sie und ihre Angehörigen<br />
unschuldig waren und weder etwas geplant noch getan haben und die Freunde sich trotzdem<br />
abgewandt hätten oder noch schlimmer zu TäterInnen oder DulderInnen von Täterschaft<br />
wurden. Durch die Therapie habe sie einen Ort gefunden, an dem sie offen reden könne, ohne<br />
weinend zusammenzubrechen.<br />
Die Interviewerin fragt Lejla, ob sie glaube, dass es ihr auch so schlecht gehen würde,<br />
wenn sie einen gesicherten Job und eine berufliche Perspektive hätte. Sie sagt, dass die<br />
Erinnerungen und ihre „Probleme wegen dem Krieg“ auch vorhanden sein würden, wenn es<br />
ihre Lebensbedingungen in Berlin besser seien.<br />
Lejla besteht bei direkten Nachfragen auf ihr „Trauma“ als Ursache für ihr Leiden. Wenn<br />
sie aber weniger direkt gefragt wird, führt sie immer wieder die Dimension ihrer aktuellen<br />
Lebensbedingungen an. Es gehe ihr schlecht, wenn sie keine berufliche Perspektive sehe.<br />
Eine Beschäftigung- im doppelten Sinne- lenke sie auch von den Erinnerungen an den Krieg<br />
ab. „Wenn ich beschäftigt bin, dann denke ich nicht daran. Dann tust du was, hast neue<br />
Pläne, neue Ideen. Deshalb versuch ich, immer was zu tun“. Im Winter gehe es ihr immer<br />
schlecht, weil es dunkel werde und sie weniger aktiv sein könne. Auch könne sie es nicht<br />
ertragen, wenn sie zuhause allein sei und Nachrichten sehe. Kriegsberichte, besonders Bilder<br />
von durch Krieg und andere ‚Katastrophen’ leidenden Menschen, machen ihr „Angst und<br />
Schlafprobleme“. Zuletzt habe sie vier Tage nicht schlafen können, als sie Bilder von der<br />
aktuellen Flutkatastrophe in Südostasien gesehen habe. Die Situation in dem Verein habe sich<br />
auch verschlechtert, deshalb würde auch nicht mehr so viel Unruhe da sein. Immer weniger<br />
Menschen arbeiten- auch nicht unentgeltlich- für den Verein. Der Verein biete nun Ein-<br />
Eurojobs an, aber für einen Euro wolle niemand arbeiten. Lejla zieht es in Erwägung, für<br />
neun Monate einen Ein- Eurojob anzunehmen. Lejla darf nicht nach Bosnien und<br />
Hercegovina fahren, wenn sie arbeitslos gemeldet ist. Ihr Vater ist schwer krank, so dass sie<br />
versucht, regelmäßig nach BiH zu fahren, auch findet sie es für sich wichtig, häufig dorthin zu<br />
fahren. Außerdem bekommt sie mit Annahme eines Ein- Eurojobs die Berechtigung, an einer<br />
Trainingsmaßnahme vom Arbeitsamt teilzunehmen. Lejla würde gerne eine Weiterbildung<br />
zur Bürokauffrau oder Buchhaltung machen, aber „die haben gesagt, dass ich dafür zu alt<br />
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