vollständige Diplomarbeit - Socialnet
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Probleme, du musst ständig zum Sozialamt. Das sind alles Probleme, die noch dazu, noch<br />
mehr, also so. Man wird so nicht gesund.“) Im Vergleich ihres Befindens in Bosnien und<br />
Hercegovina zu dem in Berlin, äußert Katarina, dass es hier schlimmer geworden sei. Sie<br />
führt es darauf zurück, dass sie zwar in BiH immer unter Anspannung stand und Angst hatte,<br />
aber auch, dass sie hier krank geblieben ist, weil sie keine Perspektive hier hatte. („Und wie<br />
ich mich fühle, ich weiß nicht, vielleicht wenn ich hier eine andere Zukunft hätte, von Anfang<br />
an, dass ich zum Beispiel ein Visum gekriegt hätte und Arbeit gefunden hätte und dann könnt<br />
ich sagen, ja, ich lebe jetzt hier, ich versuche das zu vergessen, den Krieg. Vergessen kann<br />
man einfach nicht, aber danach war hier Kampf.“)<br />
Katarina stellt ohne Zutun der Interviewerin eine Verknüpfung zwischen einer Behandlung<br />
ihrer Beschwerden und einer Attestierung ihrer Traumatisierung her. Dies sei schon mit dem<br />
sog. Rückführungsabkommen von 1997 184 für sie relevant geworden. Katarina ist gut<br />
informiert über die Implikationen dieses Abkommens, („Aber 1997, da haben sie schon die<br />
ersten Flüchtlinge, langsam wollten die die abschieben. Ich glaube, es ist so gewesen, erst<br />
einmal alleinstehende ohne Familie, ohne Kinder, und dann mit Familie und Kindern und die<br />
dritten waren die älteren Leute und kranke Leute.“) So hat ihr die Lehrerin aus der<br />
„bosnischen Schule“ ihres Sohnes den Tipp gegeben, sich ein Attest ausstellen zu lassen,<br />
welches ihr eine Traumatisierung bestätigt. („Habe ich gehört, wenn man in Behandlung ist,<br />
soll man ein Attest mitbringen.“) Katarina wusste auch, dass nicht alle Atteste gleich viel<br />
nützen, es sollte von einer behandelnden PsychiaterIn oder NeurologIn sein, so das Gerücht.<br />
Katarina rechtfertigt in diesem Zusammenhang, dass sie sich nicht in Behandlung begeben<br />
habe, um mittels Atteste einen gesicherten Aufenthaltsstatus zu erlangen, sondern wegen ihrer<br />
Krankheitsbeschwerden („Brauchte ich damals nicht, wusste ich auch nicht“).<br />
Wie oben schon angemerkt, versteht Katarina den Inhalt der Diagnosen nicht, aber sie<br />
weiß, dass sie ihr Trauma bestätigen und anerkennen und dass dies ihr im<br />
aufenthaltsrechtlichen Verfahren hilft. („Duldung hatten die mir gegeben wegen Trauma,<br />
[...], es ist anerkannt und bestätigt.“).<br />
Katarina hat die Bitte um eine Attestierung ihrer Behandlung inklusive Diagnose an<br />
unterschiedliche BehandlerInnen herangetragen. Da die behandelnde Neurologin im Urlaub<br />
war, erbat Katarina ein Attest von der Internistin. Später bat sie auch die Neurologin um ein<br />
Attest. („Ich hab auch gesagt, ich brauch ein Attest und sie sagte warum, weil ich Angst vor<br />
einer Abschiebung habe und dann hat sie alles aufgeschrieben.“) Die Neurologin habe<br />
184 Siehe dazu Kapitel Zwei.<br />
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