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emängelt, dass diese Härtefallkommissionen personell nicht ausreichend ausgestattet sind 55 ,<br />
um die bereits im Herbst 2004, vor in Kraft treten der Berliner Kommission eingereichten<br />
Anträge angemessen zu bearbeiten und so eher eine Alibifunktion erfüllt, als eine politische<br />
Lösung darstellt.<br />
2.6. Bewertung der Sonderregelungen für bosnische ‚traumatisierte’ Flüchtlinge<br />
Die Möglichkeit als ‚traumatisierter’ bosnischer Flüchtling ein Bleiberecht zu erlangen, kann<br />
als ein Erfolg des Engagements unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen gewertet<br />
werden. Die Berücksichtigung klinisch- fachlicher Expertisen stellt heute einen Fortschritt in<br />
der Hinsicht dar, da auf diese Weise das Leiden der betreffenden Flüchtlinge in gewissem<br />
Maße eine Anerkennung findet. Die IMK- Weisung vom November 2000 bietet einen<br />
Ausweg aus der für die betreffenden Flüchtlinge untragbaren Situation, über Jahre nicht<br />
gesund werden zu können und es aus ihrer Sicht auch nicht zu dürfen, da ein Schutz vor<br />
Abschiebung bei Abbruch der Behandlung entfällt.<br />
Die heutige Situation in Berlin, wo nur noch Begutachtungen durch<br />
‚ListengutachterInnen’ 56 berücksichtigt werden, ist durch das Bestreben der PraktikerInnen<br />
selbst entstanden, die Begutachtungen eines bestimmten ExpertInnenkreises vor<br />
Anzweiflungen durch Entscheidungstragende zu schützen (vgl. Groninger 2001; Knorr &<br />
Weber 2003). Dies führte zu einer Verbesserung der Berufspraxis. Denn die Stellungnahmen<br />
und Gutachten der PraktikerInnen, die sich auf solch einer Liste befinden, werden nicht mehr<br />
restriktiv überprüft, auch wenn die entsprechenden Kammern sog. Qualitätskontrollen der<br />
Gutachten durchführen und daraufhin ein Ausschluss aus der Liste erfolgen kann 57 .<br />
Allerdings müssen sich nun Flüchtlinge, die sich nicht in einer Behandlung bei einer<br />
PraktikerIn aus dieser Liste befinden, einer Zweitbegutachtung bei einer auf der Liste<br />
ausgewiesenen Fachkraft unterziehen. Dies kann nicht nur emotional belastend sein, sondern<br />
auch äußerst schwierig für betroffene Flüchtlinge, da die Behandlungszentren und<br />
niedergelassenen ÄrztInnen und TherapeutInnen, die sich auf dieser Liste befinden, häufig<br />
arbeitsüberlastet sind und den vielen Anfragen der Flüchtlinge nicht entsprechen können. Die<br />
Folge sind Wartelisten und eine Verlagerung der Arbeit der PraktikerInnen auf zunehmend<br />
mehr Attestierung und Begutachtung, anstelle von psychosozialer Unterstützung oder<br />
55 In Berlin setzt sich die Härtefallkommission aus lediglich sieben Mitgliedern zusammen, die neben ihrem<br />
Hauptberuf in der Kommission tätig sind (siehe Härtefallkommissionsverordnung § 2 Abs.4 nach Flüchtlingsrat<br />
2005, S. 6).<br />
56 Zu den ‚ListengutachterInnen’ siehe oben Erläuterungen zur Berliner Weisung E. Bos.1. 2003.<br />
57 Ausschlüsse aus der Liste sind in Berlin vereinzelt vorgekommen.<br />
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