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Ein compendium sumerisch-akkadischer Beschwörungen

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208 4. Kommentar<br />

4.5 Beschwörung 5<br />

4.5.1 Allgemeines<br />

Es ist bedauerlich, daß dieses Beschwörungsritual des Marduk-Ea-Typs zum größten Teil nur<br />

in der Fassung des Sultantepe-Exemplars (C 2 ) vorliegt. Dieser Textzeuge wirkt nicht immer<br />

zuverlässig, so daß der Charakter des Rituals nicht mehr klar zu erkennen ist. Dieses Problem<br />

soll im folgenden untersucht werden.<br />

Der Aufbau des Beschwörungsrituals folgt dem gewöhnlichen Schema des Marduk-Ea-<br />

Typs:<br />

1. <strong>Ein</strong>leitung (Z. 1–10)<br />

1. Schilderung der Dämonen (Z. 1–6)<br />

2. Auswirkungen auf den Menschen (Z. 7–10)<br />

2. Marduk-Ea-Formel (Z. 11)<br />

3. Ritualanweisung (Z. 12–23)<br />

4. Schlußformel (Z. 24)<br />

5. Unterschrift (Z. 25)<br />

Diese Disposition macht zunächst deutlich, daß es sich nicht um ein curieux témoignage<br />

”<br />

d’oionoscopie“ handelt, wie Nougayrol annahm, 66 sondern daß wir tatsächlich ein Beschwörungsritual<br />

vor uns haben. Das Ritualmittel wird in Z. 12 vorgestellt: <strong>Ein</strong> Vogel ”<br />

des Himmels, eine Taube des Himmels“. Die entscheidende Ritualhandlung ist in Z. 18/19<br />

angegeben:<br />

18 Den Vogel des Himmels, die Taube, lasse (C 2 : läßt du) frei! (<strong>sumerisch</strong>)<br />

19 Den Vogel des Himmels, die Taube, lasse frei! (akkadisch)<br />

Die akkadische Übersetzung von C 2 hat in Z. 13 und demnach wohl auch in Z. 19 die bisher<br />

nur mittelassyrisch belegte Nebenform simmatu für summatu. 67 Es besteht daher kein Anlaß,<br />

an das Wort simtu ”<br />

Zubehör“ zu denken und den <strong>sumerisch</strong>en Text als fehlerhaft zu betrachten,<br />

wie dies Nougayrol vorgeschlagen hat. 68 Auch die Annahme von Sodens, 69 die Imperative šu<br />

bar-ra in Z. 18 (A 5 ) und uššerma/mušširma in Z. 19 richteten sich an den Dämonen, überzeugt<br />

nicht, da sich die in Abschnitt 3 der obigen Gliederung enthaltenen Befehlsformen auf die<br />

Durchführung des Rituals beziehen, wie Falkenstein gezeigt hat. 70<br />

Es liegt demnach ein Ritual vor, in dem eine Taube freigelassen wird. Dadurch soll die<br />

Reinigung des Kranken bewirkt werden. Hat diese Taube nun die Funktion eines Substituts,<br />

dient sie als eliminatorisches Mittel, oder spielt sie eine Rolle in einer Analogiehandlung?<br />

Betrachtet man die Plazierung dieses Beschwörungsrituals innerhalb des Compendiums,<br />

so zeigt sich, daß das vorhergehende Ritual (§ 4) einen Ziegenbock als Ersatztier (Substitut)<br />

66 RA 61, 32 und ihm folgend McEwan, ZA 70, 64.<br />

67 Vgl. AHw 1058a.<br />

68 RA 61, 32 mit Anm. 2.<br />

69 AHw 1058 s. v. summatu(m) 4).<br />

70 LSS NF 1, S. 58.

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