Ein compendium sumerisch-akkadischer Beschwörungen
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230 4. Kommentar<br />
voraltbabylonischen Beschwörungstyp zu rechnen ist. Er weist weitgehende Ähnlichkeit<br />
mit dem Prophylaktischen Typ auf, hat im Gegensatz zu diesem jedoch die Heilung<br />
des Kranken zum Ziel. Seine Wirkungsmacht leitet er allein aus der Konstituierung des<br />
Rituals durch Enki her. Funktional entspricht dieser Typ somit dem späteren Marduk-Ea-<br />
Typ, dessen Aufgabe ebenfalls exorzistischer Natur ist. Es wäre weiter zu überprüfen, ob<br />
nicht auch bei den von Falkenstein erwähnten Abweichungen vom Prophylaktischen Typ<br />
sowie bei den von ihm genannten <strong>Beschwörungen</strong> mit Zi-Litaneien wenigstens teilweise<br />
ähnliche Verhältnisse wie in der hier behandelten Beschwörung vorliegen. 112 Diese<br />
Frage kann hier jedoch nicht weiter verfolgt werden.<br />
Die funktionale Entsprechung der <strong>Beschwörungen</strong> des Enki-Typs mit dem späteren<br />
Marduk-Ea-Typ liefert schließlich eine plausible Erklärung dafür, daß die Umarbeitung<br />
der vorliegenden Beschwörung mit Textstücken erfolgte, die sämtlich zum Repertoire<br />
des Marduk-Ea-Typs gehören. Insbesondere gilt dies für Z. 9 (Marduk-Ea-Formel),<br />
Z. 18–19, 21 und 27 (<strong>Ein</strong>schübe im Ritualteil; zu beachten sind die prospektiven Verbalformen),<br />
Z. 20 (Auswirkungen auf den Menschen) und Z. 48–49, das Schlußthema des<br />
Marduk-Ea-Typs.<br />
Auch die anderen Zusätze im Text gehören zu thematischen Bereichen, die im Marduk-<br />
Ea-Typ ihren festen Platz haben: Z. 4b zur ”<br />
Aufzählung der Dämonen“, Z. 8 und Z. 20 zu<br />
den ”<br />
Auswirkungen auf den Menschen“ und Z. 40 zur exorzistischen Formel.<br />
Die zugrundeliegende ältere Beschwörung wurde demnach einer Überarbeitung unterzogen,<br />
die die Angleichung des Textes an den Marduk-Ea-Typ zum Ziel hatte.<br />
3. Der jüngste, aus der üblichen einzeiligen Unterschrift hervorgegangene Zusatz in <strong>akkadischer</strong><br />
Sprache dürfte schließlich den Versuch darstellen, das in seiner Mischform<br />
nicht genügend eindeutige Ritual so zu präzisieren, daß die praktische Durchführung<br />
ermöglicht wurde.<br />
4.9.2 Bemerkungen zum Text<br />
1-4) Die Beschwörung wird auch zitiert in dem babylonischen Beschwörungskatalog BM<br />
66565+, III 7 ′ : én udug h˘ul sa˜g gub-bi (vgl. dazu oben S. 12). Weiter wird sie zitiert in dem<br />
Beschwörungskatalog aus Ninive K. 8689+, Vs. 10 (én udug [h˘ul-˜gál sa˜g . . . ], s. dazu oben<br />
S. 13) und in dem spätbabylonischen Beschwörungsritual von Weiher, SpTU V Nr. 235 Vs. 7 ′<br />
(én udug h˘ul-[˜gál sa˜g gub-ba-bi]; vgl. dazu auch oben S. 22).<br />
In den parallel gebauten Wendungen dieser Zeilen hat Exemplar B statt sa˜g vielmehr sa˜g-ni˜gin<br />
” Schwindel“ (akk. ṣidānu, vgl. Reiner, Šurpu S. 36, VII 15 f.). Zu übersetzen ist dies mit ”<br />
Wenn<br />
der böse udug als Schwindel herantritt“ etc.<br />
5) Die Var. sa˜g gi 4 -gi 4 -àm in B 5 ist offenbar fehlerhaft.<br />
7) Die bekannten Bedeutungen von bára ergeben keinen brauchbaren Sinn. Ich verstehe bára<br />
daher als Allographie für bàra (akkadisch šuparruru), also ”<br />
auf sein Bett ist er (sc. der Kranke)<br />
hingebreitet“ (B 5 ), oder, nach B, ”<br />
sein Bett ist ausgebreitet“ (d. h. der Kranke ist bettlägerig). 113<br />
Zur Verbindung ˜geš-nú . . . bàra ”<br />
das Bett hinbreiten“ vgl. PSD B 146.<br />
112 Vgl. Falkenstein, LSS NF 1, S. 43.<br />
113 Man könnte freilich auch an ˜geš-nú-da-a-né (Direktiv) denken, mit derselben Übersetzung wie in B 5 .