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Ein compendium sumerisch-akkadischer Beschwörungen

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1.3. Der Inhalt des Compendiums 17<br />

uns vorliegenden Beschwörungstexte für ”<br />

rein literarische Erzeugnisse“ hält, deren Verhältnis<br />

zur ”<br />

religiösen Wirklichkeit“ ungeklärt sei. 47 Im Gegensatz zu dieser Annahme ist jedoch davon<br />

auszugehen, daß alle Textsorten, also auch <strong>Beschwörungen</strong>, ihren ”<br />

Sitz im Leben“ haben oder<br />

zu einem bestimmten Zeitpunkt hatten. In diesem Sinne sind Beschwörungstexte keineswegs<br />

rein literarische Produkte, sondern haben eine bestimmte Funktion in einem Ritual zu erfüllen.<br />

Ihr formsprachliches Repertoire muß also so beschaffen sein, daß es dieser Funktion adäquaten<br />

Ausdruck verleihen kann. 48<br />

Es verwundert daher nicht, daß <strong>Beschwörungen</strong>, in denen entweder bestimmte formale Elemente<br />

eines Typs in abgewandelter Form auftreten, 49 oder in denen formale Elemente verschiedener<br />

Typen zusammentreffen, 50 nicht eindeutig zu klassifizieren sind. Hier empfiehlt es sich,<br />

nach der Funktion des Textes zu fragen, die sich in der Regel eindeutig bestimmen läßt. Danach<br />

kann die Beschwörung dem Typ zugeordnet werden, dessen Funktion sie erfüllt. Zur Erklärung<br />

der Abweichungen vom üblichen formalen Aufbau sind gegebenenfalls textgeschichtliche Erkenntnisse<br />

heranzuziehen.<br />

Probleme der beschriebenen Art gibt es innerhalb des Compendiums zwischen dem<br />

Marduk-Ea-Typ (MET), dem Weihungstyp (WT) und dem Prophylaktischen Typ (PT). Es ist<br />

daher nötig, unter Berücksichtigung des oben Gesagten eine genauere Definition des MET und<br />

des WT einzuführen. Wir rechnen eine Beschwörung dem MET zu, wenn<br />

a) das Ritual zur Reinigung eines Kranken zu vollziehen ist;<br />

b) das Ritual durch ein Zwiegespräch zwischen Marduk und Ea konstituiert wird.<br />

Entsprechend rechnen wir eine Beschwörung dem Weihungstyp zu, wenn<br />

a) die Beschwörung auf einen Gegenstand bezogen ist, der im Ritual verwendet werden<br />

soll;<br />

b) die Wirkung des Ritualmittels durch Berufung auf die Eigenschaften oder das Wirken<br />

von Göttern konstituiert wird.<br />

Dabei haben die von Falkenstein erarbeiteten einzelnen formalen Elemente nach wie vor Gültigkeit<br />

im Hinblick auf die Charakterisierung der beiden Beschwörungstypen.<br />

1.3.2 Der ”<br />

Enki-Typ“<br />

Am Beispiel von § 4 soll nun kurz skizziert werden, wie die Berücksichtigung der Funktion eines<br />

Textes zu einer genaueren typologischen <strong>Ein</strong>ordnung führt und welche Konsequenzen sich<br />

hieraus für das System Falkensteins ableiten lassen. 51 Zunächst gliedern wir die Beschwörung<br />

wie folgt:<br />

Z. 1–2: <strong>Ein</strong>leitung, präsentisches Thema (MET)<br />

47 Falkenstein, LSS NF 1, S. 20 oben.<br />

48 Vgl. Abusch, Babylonian Witchcraft Literature S. 23, S. 45, S. 57 (und öfter); s. dazu Schramm, BiOr 48 (1991)<br />

Sp. 160.<br />

49 Vgl. hierzu die sog. Nebenbildungen zum Marduk-Ea-Typ“, Falkenstein, LSS NF 1, S. 67 ff.<br />

” 50 Vgl. hierzu die sog. Mischbildungen zwischen MET und Weihungstyp“, Falkenstein, LSS NF 1, S. 70 f., S. 77 und<br />

”<br />

S. 80 f.<br />

51 Vgl. auch unten S. 204 f., Kommentar zu § 4.

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