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Ein compendium sumerisch-akkadischer Beschwörungen

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1.3. Der Inhalt des Compendiums 21<br />

haben, ist jedoch der Schluß noch nicht ereicht. In IX 97 wird der Beschwörungspriester aufgefordert,<br />

wieder ins Haus zurückzukehren, Wasser auszusprengen und die Beschwörung anamdi<br />

šipta ana puh˘ ur ilī kalâma zu sprechen. <strong>Ein</strong>e entsprechende Parallele fehlt zwar im Compendium,<br />

das freilich nicht so komplex aufgebaut ist wie das Maqlû-Ritual, doch scheint sicher,<br />

daß die in § 21 enthaltene Beschwörung den Schluß eines Rituals oder eines Ritualabschnitts<br />

darstellt.<br />

Aus dem oben Gesagten läßt sich erkennen, daß das Compendium in zwei Sektionen unterteilt<br />

werden kann, deren jede mit einer apotropäischen Beschwörung abschließt.<br />

Die erste Sektion beginnt mit zwei <strong>Beschwörungen</strong> des Weihungstyps, die der <strong>Ein</strong>führung<br />

des ”<br />

Großrindfells“ und der Kupferpauke 69 in das Ritual dienen (§ 1–2). Danach folgen in § 3–9<br />

Beschwörungsrituale, die die Reinigung des Kranken teils durch Substitution (§§ 3, 4, 6, 7) oder<br />

durch eliminatorische Mittel (§§ 5, 8, 9) bezwecken. Wie erwähnt, wird diese Sektion durch die<br />

prophylaktische Beschwörung von § 10 abgeschlossen.<br />

Dieses Bild einer relativen <strong>Ein</strong>heitlichkeit wird jedoch dadurch in Frage gestelt, daß die<br />

Textzeugen unterschiedliche Gruppierungen innerhalb dieser Sektion erkennen lassen. 70 Die<br />

durch die Exemplare A 19 und A 16 repräsentierten Ninive-Rezensionen setzen erst mit § 5 bzw.<br />

§ 6 ein; 71 die spätbabylonische Niederschrift von Exemplar B beginnt mit § 7 und läßt § 8 aus.<br />

Sie ist überdies mit einem Teil der Serie Sa˜g-gig zu verbinden, was für die anderen Textzeugnisse<br />

bisher nicht nachweisbar ist. Dieser unterschiedliche Befund kann vorläufig wohl nur so<br />

gedeutet werden, daß die <strong>Beschwörungen</strong> dieser Sektion nicht einem bestimmten feststehenden<br />

Ritual zugeordnet waren, sondern daß sie teilweise in verschiedenen Ritualen verwendet<br />

werden konnten. Nicht zuletzt aus diesem Grunde habe ich in Ermangelung einer überlieferten<br />

<strong>sumerisch</strong>en oder akkadischen Bezeichnung diese Sammlung von <strong>Beschwörungen</strong> ”<br />

Compendium“<br />

genannt, im Sinne eines Handbuchs, das die wichtigsten <strong>Beschwörungen</strong> zur Reinigung<br />

von Kranken enthielt.<br />

Die zweite Sektion des Compendiums (§ 11–21) enthält in den §§ 11–15 weitere Reinigungsrituale<br />

und in den §§ 16–20 vier Ritualmittelbeschwörungen, denen die apotropäische<br />

Beschwörung von § 21 als Abschluß folgt. Die Reinigungsrituale dieser Sektion sehen die Anwendung<br />

eliminatorischer Mittel verschiedener Art vor, wobei Substitutionsrituale fehlen. Vielleicht<br />

reflektiert das Arrangement dieser <strong>Beschwörungen</strong> im Compendium ein bestimmtes, uns<br />

jedoch nicht bekanntes Ritual, das eine entsprechende Reihenfolge bei der Rezitation dieser<br />

Texte vorsah. Berücksichtigt man ferner, daß die Sultantepe-Texte und die Nimrud-Rezension<br />

mit § 16 schließen, während die spätbabylonische Fassung von Exemplar B bis § 18 reicht, so<br />

könnten die §§ 17–18 sowie 19–21 jeweils Textgruppen sein, die aus anderen Ritualzusammenhängen<br />

herausgenommen und an das Compendium angefügt wurden. Hierfür spricht auch<br />

der Umstand, daß bestimmte spätbabylonische Textzeugen gerade im Bereich von § 19–21 eine<br />

Verbindung zu anderen <strong>Beschwörungen</strong> herstellen. 72<br />

Es zeigen sich also auch in der zweiten Sektion genügend Anhaltspunkte dafür, daß Beziehungen<br />

zu anderen Serien oder Ritualen bestanden, was die oben skizzierte <strong>Ein</strong>schätzung des<br />

Compendiums als eine Art Handbuch für verschiedene Rituale festigen dürfte.<br />

69 Für diese Übersetzung von urudu ní˜g-kalag-ga s. unten S.195, Kommentar zu § 2 : 1.<br />

70 Vgl. hierzu und zum Folgenden den ersten Abschnitt dieser <strong>Ein</strong>leitung.<br />

71 S. oben S. 7, Absatz 4.<br />

72 Vgl. hierzu oben S. 10 f.

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