Ein compendium sumerisch-akkadischer Beschwörungen
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20 1. <strong>Ein</strong>leitung<br />
Marduk eine Funktion in der Magie. 61 Sie bestand in der Rolle eines Boten, der das von Enki<br />
mitgeteilte Heilmittel überbringt, nicht jedoch in der Tätigkeit als selbständig heilend eingreifender<br />
Gott. 62 Somit ist es wahrscheinlich, daß der Synkretismus Asalluh˘i-Marduk einer eigenen,<br />
und zwar späteren, Entwicklungsstufe angehört. Das würde bedeuten, daß die <strong>Ein</strong>führung<br />
Asalluh˘is als Mittler zwischen Enki und dem hilfesuchenden Menschen vor oder zu Beginn<br />
der altbabylonischen Zeit anzusetzen wäre, eine Möglichkeit, die wohl nicht von vornherein<br />
ausgeschlossen werden kann. 63 Daß Marduk jedenfalls erst von der altbabylonischen Zeit an<br />
eine Rolle in diesem Bereich der Religion gespielt haben kann, ist bekannt und bedarf keiner<br />
weiteren Erörterung.<br />
1.3.3 Zur Ritualpraxis<br />
Die <strong>Beschwörungen</strong> des Compendiums verteilen sich nicht gleichmäßig auf die einzelnen Beschwörungstypen.<br />
Weitaus am häufigsten sind die Rituale des MET (§§ 3–9; 11–15). 64 Ihnen<br />
folgen an Zahl die <strong>Beschwörungen</strong> des WT (§§ 1 und 2 sowie 16–20), während nur die <strong>Beschwörungen</strong><br />
von § 10 und § 21 dem prophylaktischen Typ angehören.<br />
Wie oben bereits angedeutet, ist ein Teil der <strong>Beschwörungen</strong> des prophylaktischen Typs<br />
am Ende eines Rituals zu rezitieren, um die Dämonen endgültig zu vertreiben und zugleich an<br />
der Rückkehr zu hindern. 65 Diese apotropäische Funktion ist besonders deutlich erkennbar an<br />
der 1. Tafel der Serie Sa˜g-ba. 66 Die begleitende Ritualhandlung besteht darin, daß das Bett des<br />
Kranken mit Mehlpaste umzeichnet wird, wie es auch die Unterschrift der Sa˜g-ba-Beschwörung<br />
angibt. 67 Neben anderen Ritualmitteln apotropäischen Charakters begegnet uns die Mehlpaste<br />
auch in § 10 (Z. 38), einer apotropäischen Beschwörung des PT. Man kann sie dem Typ, der<br />
Funktion und auch dem Ritualmittel nach durchaus mit der Sa˜g-ba-Beschwörung vergleichen.<br />
Daher liegt es nahe, anzunehmen, daß § 10 im Compendium einen <strong>Ein</strong>schnitt markiert, der mit<br />
dem Ende eines Rituals (oder eines Ritualabschnitts) zusammenfällt.<br />
Für § 21 läßt sich in ähnlicher Weise eine Stellung am Ende eines Rituals bzw. Ritualabschnitts<br />
nachweisen. Die Beschwörung udug h˘ul eden-na-zu-šè wird auch in der Ritualtafel<br />
der Serie Maqlû zitiert, 68 wo sie vom Beschwörungspriester auf dem Weg vom Krankenbett<br />
zum äußeren Tor des Hauses zu rezitieren ist. Trifft dies auch auf § 21 zu, so ist dies wohl die<br />
Beschwörung, die der Beschwörungspriester abschließend zu rezitieren hat. Die Tatsache, daß<br />
§ 21 am Ende des Compendiums aufgeführt ist, paßt genau zu dieser Situation.<br />
Innerhalb des Maqlû-Rituals, das wir zur Erklärung des Handlungsablaufs herangezogen<br />
61 Sommerfeld, Der Aufstieg Marduks S. 13 ff.<br />
62 Vgl. Geller, FUH S. 14 f.<br />
63 Die Vermutung van Dijks, VS 17 S. 9, daß der Name Asalluh˘i subaräisch sein könnte, beruhte nicht zuletzt auf einem<br />
Kopierfehler in Thompson, CT 16, 6 : 240. Dort ist statt Šu-ba-ri vielmehr Ku-ma-ri zu lesen, s. die Kollation von Geller,<br />
FUH S. 13. (Auf dem richtigen Wege zu dieser Lesung war übrigens auch schon Jacobsen, AS 11 S. 88 f. Anm. 126,<br />
der Šu-ba-ri für eine Korruptel aus Ku-ba-ri ansah und dies von Ku’ara ableitete.) Nachdem nun die Lesung šu-ba-ri<br />
entfällt, gibt es derzeit wohl kein ernsthaftes Argument mehr für eine Verbindung zwischen Asalluh˘i und Subartu.<br />
64 Hierzu werden hier auch – der funktionalen Gleichwertigkeit halber – die <strong>Beschwörungen</strong> des Enki-Typs“ gerechnet,<br />
”<br />
soweit sie ein am Kranken zu vollziehendes Ritual beinhalten (§§ 4 und 8).<br />
65 S. oben S. 18 f. mit Anmerkung 54.<br />
66 Schramm, GAAL 2, S. 8 f. Vgl. auch Abusch, JNES 33 (1974) 254 mit Anm. 10.<br />
67 Zimmern, ZA 30 (1915/16) 189 Rs. 45. Vgl. dazu die Angaben in der Ritualtafel der Serie Maqlû IX 148 f. (übersetzt<br />
von Abusch, JNES 33 (1974) 254 mit Anm. 8).<br />
68 Meier, Maqlû IX 95 f., verbessert von Abusch, JNES 33 (1974) 253 Anm. 7.