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Ein compendium sumerisch-akkadischer Beschwörungen

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1.3. Der Inhalt des Compendiums 19<br />

Rückverweis auf das eben durchgeführte Ritual verstanden und verstärkt hierdurch die jetzt<br />

apotropäische Funktion des Textes, die in erster Linie in der Schlußformel des PT zum Ausdruck<br />

kommt.<br />

Der Grund für diese Veränderung des Textes ist wohl darin zu suchen, daß der MET zur<br />

Zeit der jüngeren Texte der Typ des Beschwörungsrituals schlechthin geworden war. Rituale,<br />

die nicht diesem Typ entsprachen, wurden wohl auch nicht als Reinigungsritual verwendet,<br />

sondern erhielten eine neue Funktion, der die sprachliche Gestalt angepaßt wurde.<br />

Man könnte also die Hypothese formulieren, daß der Enki-Typ als Vorläufer des MET anzusehen<br />

ist (Beispiel: § 4), daß jedoch nicht alle <strong>Beschwörungen</strong> des Enki-Typs in den MET<br />

überführt wurden. Dies zeigt auch § 8, wo ebenfalls ein Reinigungsritual allein durch den Bezug<br />

auf Enki konstituiert wird. 55 Offensichtlich konnten auch Mischformen wie § 9 entstehen,<br />

wo Elemente des MET deutlich erkennbar als Zusätze zu den funktional gleichwertigen Themata<br />

des Enki-Typs eingefügt wurden. 56<br />

Das Problem der geschichtlichen Veränderungen der <strong>sumerisch</strong>en Beschwörungstypen<br />

kann im Rahmen dieser als Edition konzipierten Arbeit nicht weiter verfolgt werden. Zu<br />

diesem Thema wäre eine eigene monographische Untersuchung notwendig. Man wird aber<br />

vorläufig davon ausgehen können, daß der Enki-Typ älter als der MET ist.<br />

Für die historische Entwicklung der <strong>sumerisch</strong>en Beschwörungstypen ist jedoch auch die<br />

Rolle der beteiligten Gottheiten wichtig. In den <strong>Beschwörungen</strong> aus Fara und Ebla ist noch<br />

Enlil der Gott, der das heilende Ritual stiftet, während Enki als Verursacher von Krankheiten<br />

genannt wird. 57 In den späteren <strong>Beschwörungen</strong> ist die Rolle der beiden Götter genau umgekehrt:<br />

Enki tritt als der Gott auf, der heilende Rituale oder Ritualmittel stiftet, während Enlil mit<br />

den Dämonen in Verbindung gebracht wird. 58 <strong>Ein</strong> Reflex der früheren (negativen) Rolle Enkis<br />

findet sich möglicherweise ebenfalls an einigen späteren Stellen. 59 Hier wäre aber zu prüfen,<br />

ob diese negativen Züge etwa von den chthonischen Enki-Ninki - Gottheiten auf Enki/Ea übertragen<br />

wurden. 60<br />

Weiter müßte vor allem auch die Frage untersucht werden, ob die <strong>Ein</strong>führung des Gottes<br />

Asalluh˘i/Marduk in einem einzigen Schritt – wohl in altbabylonischer Zeit – vollzogen wurde,<br />

oder ob nicht zunächst Asalluh˘i allein in den <strong>sumerisch</strong>en Text eingefügt wurde. Soweit das zur<br />

Verfügung stehende Material erkennen läßt, hatte Asalluh˘i bereits vor seiner Gleichsetzung mit<br />

LSS NF 1, S. 32 f. und unten S. 20). Die Verwendung derartiger <strong>Beschwörungen</strong> am Ende eines Rituals unterscheidet<br />

sie in erster Linie von denen des Legitimationstyps (LT), die zu Beginn einer Ritualhandlung zu rezitieren sind. Mit<br />

dieser Stellung im Ritualablauf korrespondiert die Anwendung des LT auf den Beschwörungspriester einerseits und die<br />

Anwendung des PT auf den Kranken andererseits.<br />

55 Außerhalb des Compendiums vgl. man etwa die von Cooper, ZA 61 (1971) 12 ff. bearbeitete Beschwörung. Sie<br />

schildert nur das Wirken Enkis und erhält hierdurch ihre magische Wirksamkeit (vgl. Cooper, ibid. S. 20 f.).<br />

In der Boghazköy-Fassung dieser Beschwörung finden sich Reste einer Marduk-Ea-Formel, s. dazu Cooper, ibid. S. 18<br />

zu 35.<br />

Falkenstein, LSS NF 1, S. 67 f. hat bereits zu Recht vermutet, daß bestimmten Nebenbildungen“des MET ein ursprünglich<br />

selbständiger Beschwörungstyp zugrundeliegt.<br />

56 Vgl. im einzelnen unten S. 227, Kommentar zu § 9.<br />

57 Vgl. Krebernik, BFE S. 211 und 212 f.<br />

58 Vgl. Sg. I 1–4; Sg. VI 24–35; Geller, FUH Z. 360; Thompson, CT 16, 1 : 25–27; CT 16, 26 “III” 36 (mit Duplikat).<br />

59 Vgl. Galter, Der Gott Ea/Enki S. 72 mit Anm. 22; Geller, FUH Z. 390.<br />

60 Zur Unterscheidung dieser Gottheiten vgl. Lambert, RlA 3, S. 469b. Das Problem wurde offenbar von Galter,<br />

”<br />

Der<br />

Gott Ea/Enki S. 8 Anm. 2 gar nicht erkannt.

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