25.12.2013 Aufrufe

Ein compendium sumerisch-akkadischer Beschwörungen

Ein compendium sumerisch-akkadischer Beschwörungen

Ein compendium sumerisch-akkadischer Beschwörungen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

4.7. Beschwörung 7 219<br />

4.7 Beschwörung 7<br />

4.7.1 Allgemeines<br />

Dieses Beschwörungsritual gehört zu den Vertretern des Marduk-Ea-Typs. Wir finden in<br />

ihm die folgenden Themata:<br />

1. Präsentisches Thema (Z. 1, 1 ′ –8 ′ )<br />

2. Präteritales Thema (Z. 9 ′ –20 ′ )<br />

3. Symptombeschreibung (Z. 21 ′ /22 ′ )<br />

4. Marduk-Ea-Formel (Z. 23 ′ )<br />

5. Ritualanweisung (Z. 24 ′ –35 ′ )<br />

6. Schlußthema (Z. 36 ′ –39 ′ )<br />

Der Aufbau entspricht dem üblichen Repertoire dieses Beschwörungstyps und weist keinerlei<br />

Besonderheiten auf.<br />

Das Ritualmittel ist eine Figur des Kranken, die aus Rohr angefertigt werden soll. Der Terminus<br />

hierfür ist gi-sa˜g-da-sá-a ‖ MIN-ú (= gisandasû) 89 . Die Grundbedeutung des <strong>sumerisch</strong>en<br />

Wortes ist wohl ”<br />

das Rohr (gi), das der Person (sa˜g) gleicht (sá-a)“ 90 . Dazu paßt die Anweisung<br />

in Z. 26 ′ /27 ′ :<br />

lú-u 18 -lu-bi u-me-ni-dù-dù<br />

wenn du diesen Menschen (nach)geformt hast“<br />

”<br />

a-me-lu šùm-a-tì mu-di-id-ma<br />

diesen Menschen miß aus!“<br />

”<br />

Sie besagt, daß die aus Rohr anzufertigende Figur des Kranken nach dessen Maßen zu formen<br />

ist, vermutlich also seine Gestalt in Lebensgröße wiedergeben soll. Daß diese Rohrfigur im<br />

Ritual als Substitut des Kranken dient, wird am Ende von Z. 34 ′ /35 ′ ausdrücklich festgestellt:<br />

ní˜g-é-sa˜g-íl-la-bi h˘é-a ‖ lu-ú di-na-nu-šú es sei der Ersatz für ihn!“. 91 Zuvor jedoch (Z. 34 ′ /35 ′<br />

”<br />

Anfang) wird die Rohrfigur über dem Kranken zerbrochen: stellvertretend für ihn erfährt so das<br />

Substitut die Vernichtung, die dem Kranken in seiner kritischen Situation drohte. Damit ist –<br />

im Sinne der Magie – die Gefahr beseitigt, so daß der Genesung des Kranken nichts mehr im<br />

Wege steht.<br />

Zur Substitution des Kranken durch eine Rohrfigur vgl. auch von Weiher, SpTU III S. 51 ff.,<br />

Nr. 67 Vs. II 15/16:<br />

89 Vgl. AHw 291b s. v. gisanda/udû; CAD G 97 f. s. v. gisandudû; CDA 94a s. v. gisandassû; Reiner, JNES 17, 207 V<br />

31 (GI-SAG-DU-[ . . . ]), mit Duplikat von Weiher, SpTU II S. 63 Nr. 12 III 3 (GI-SAG-DU-SÁ-A).<br />

Zur Lesung vgl. die Glosse in Landsberger und Cvil, MSL 9, 183 Z. 294: gi-sa˜g-du-DI sa -a = ŠU (diese Glosse blieb<br />

allerdings ibid. S. 186 unberücksichtigt). Zur Frage, ob -sa˜g-da- oder -sa˜g-du- vorzuziehen sei, s. die folgende Anmerkung.<br />

90 Für sá im Sinne von akkadisch šanānu ”<br />

gleichkommen, gleichen“ s. Deimel, ŠL 457, 21; AHw 1161 f.; Borger, AOAT<br />

1, S. 9 zu 143 f. und Oberhuber, ISL I.1 S. 400 Nr. 6. Da sá mit dem Komitativ konstruiert wird (s. Gragg, AOATS<br />

5, S. 58), ist gi-sa˜g-da-sá-a wohl die korrekte Wortform (so Z. 40 ′ , Exemplar A 16 und, in akkadisierter Form, auch<br />

Exemplar B). Die in Z. 28 ′ (Exemplar B) und auch sonst mehrfach verwendete Form gi-sa˜g-du-sá-a ersetzt offenbar<br />

den Komitativ sa˜g-da durch sa˜g-du ”<br />

Kopf, Haupt“ (akkadisch qaqqadu). Die Bedeutung des Wortes, die sich dadurch<br />

ergibt ( ”<br />

Rohr, das dem Haupt gleicht“), dürfte den Sinn der vorliegenden Stelle kaum treffen.<br />

91 Die übrigen Belege für gi-sa˜g-da-sá-a (s. die Literaturangaben oben Anm. 89) verweisen nur ganz allgemein auf den<br />

magisch reinigenden Charakter der Rohrfigur, ohne ihre Funktion als Substitut anzudeuten.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!