proceed - IVV
proceed - IVV
proceed - IVV
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Kritische Punkte:<br />
Auf der einen Seite können höhere Tarife zu einem Nachfragerückgang führen (in einem bestimmten<br />
Rahmen ggf. auch zu höheren Einnahmen), auf der anderen Seite führt die Absenkung<br />
der Fahrpreise nicht zwangsläufig zu einem Anstieg der Fahrgastzahlen. Die ÖPNV-<br />
Nachfrage folgt in diesem Punkt ihren eigenen Gesetzen. Insbesondere wenn zur Finanzierung<br />
von Fahrpreisreduzierungen öffentliche Mittel eingesetzt werden, sollten Maßnahmen<br />
dieser Art sehr sorgfältig überlegt werden. Vor der Einführung einer Fahrpreisanpassung sollten<br />
in jedem Fall die Profile der gegenwärtigen und potenziellen Nutzer studiert werden. Für<br />
Personen mit niedrigem Einkommen hat die Fahrpreishöhe einen unmittelbaren Einfluss auf<br />
ihre Mobilität.<br />
Der Anstieg der Fahrgastzahlen bei Tarifreduzierungen oder Serviceverbesserungen ist<br />
häufig darauf zurückzuführen, dass Personen, die sonst zu Fuß gehen, das Fahrrad benutzen<br />
oder Fahrgemeinschaften bilden, auf den ÖPNV umsteigen. Autofahrer, die auf öffentliche<br />
Verkehrsmittel umsteigen, stellen dabei eine kleinere Gruppe dar (in unterschiedlichen Umfragen<br />
wurde ein Wert von ca. 20 % der Neukunden festgestellt).<br />
Praxisbeispiele:<br />
• Euskirchen (Deutschland): Ab 2004 wurden in Deutschland die Ausgleichszahlungen<br />
für die Schülerbeförderung und die Beförderung von Menschen mit Behinderung deutlich<br />
gekürzt. Dies führte bei den Verkehrsunternehmen zu einer erheblichen Finanzierungslücke.<br />
Zur Vermeidung von Kürzungen im Verkehrsangebot wurden vielfach zur<br />
Kompensation die Tarife angepasst. Zur gleichen Zeit stiegen die Kraftstoffpreise deutlich<br />
und der Pendlerverkehr, insbesondere in die Metropole Köln, nahm immer weiter<br />
zu. Vor diesem besonderen Hintergrund hat sich die Strategie der Fahrpreisanpassung<br />
als erfolgreich erwiesen, insbesondere aufgrund der Bereitschaft der Kunden, diese höheren<br />
Preise zu bezahlen. Durch den erhöhten Finanzierungsbeitrag seitens der Nutzer<br />
konnten Einschnitte im ÖPNV-Angebot vermieden werden.<br />
• Graz (Österreich): In Graz ist die Entwicklung der Fahrpreishöhe an einen allgemeinen<br />
Preisindex geknüpft, so dass sich die ÖPNV-Tarife vergleichbar der Steigerung der<br />
allgemeinen Lebenshaltungskosten steigen.<br />
• Kaunas (Litauen): Die Fahrpreise sind im Allgemeinen niedrig. Mit dem steigenden<br />
Lebensstandard wachsen auch die Erwartungen der Fahrgäste im Hinblick auf die Servicequalität.<br />
Daher ist es wahrscheinlich, dass die niedrigen Fahrpreise in absehbarer<br />
Zeit ihre Bedeutung verlieren.<br />
• Monaco: Im Jahre 2008 wurde der Einheitstarif von 1,50 € auf 1,00 € gesenkt. Dies hat<br />
zu einem Anstieg der Fahrgastzahlen um 15 % geführt. Die Preissenkung war hauptsächlich<br />
eine politische Entscheidung. Durch diese Maßnahme sollte zum einen die<br />
Verkehrsbelastung reduziert werden und zum anderen die Tarifstruktur an die der benachbarten<br />
Stadt Nizza (Frankreich) angepasst werden.<br />
• Pula (Kroatien): Eine günstige Preisstrategie (inkl. Smartcards, Preisnachlässe, neues<br />
Informationssystem) führten zu einem Anstieg der Fahrgastzahlen.<br />
Seite 158 von 249