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Stenografischer Wortbericht zum 116. Deutschen Ärztetag ...

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bisschen Grummeln im Magen und frage mich: Wie werden wir eigentlich aus anderen<br />

Ländern betrachtet? Dass es in unserem Land in weiten Bereichen Armut gibt,<br />

wissen wir. Das sehen wir tagtäglich. Herr König sprach eben die Obdachlosen an.<br />

Aber ist es wirklich richtig, allein anhand von ökonomischen Daten und Zahlendaten<br />

Armut festzulegen? Fragen wir uns doch einmal, wie Kenianer oder Bulgaren darüber<br />

denken, wenn sie hören, dieser oder jener Prozentsatz der Bevölkerung in<br />

Deutschland sei arm. Wir wissen doch, dass die Menschen dort gern so viel Geld<br />

hätten wie die wirtschaftlich Armen bei uns. Die Frage ist, ob wir als Ärzte, wenn wir<br />

dieses Thema in erster Linie so ökonomisch angehen, etwas ganz Wichtiges vernachlässigen.<br />

Die Frage lautet nämlich: Woher kommt denn die wirtschaftliche Bedürftigkeit?<br />

Sicherlich kommt sie auch aus Krankheit, das sollten wir nicht vernachlässigen.<br />

Sie hängt mit Stimmungslagen, mit Motivationen, mit den Persönlichkeitsprofilen<br />

der Menschen zusammen.<br />

Nach meiner Erfahrung als Hausarzt herrscht echte Armut dort, wo die Menschen<br />

nicht ausreichend lebenstüchtig sind, sich um ihre Interessen zu kümmern. Dann<br />

kann man komplett durch das soziale Netz fallen. Man verschwindet irgendwo in seiner<br />

Wohnung, in seinem Zimmer oder letztlich unter der Brücke. Da muss man ansetzen.<br />

Da müssen auch wir als Ärzte ansetzen, dass wir in einem Bereich, der sich<br />

nicht um die Gesundheit dreht, dafür sorgen, dass die Patienten wieder lebenstüchtig<br />

sind, dass sie sich um ihre Probleme kümmern können. Dann werden wir viel weniger<br />

echte Armut in Deutschland haben.<br />

Meine Damen und Herren, denken wir doch darüber nach, dass nach diesen Zahlen<br />

bei Studenten, die nur auf das BAföG angewiesen sind, zwar keine schwere Armut<br />

vorliegt, aber <strong>zum</strong>indest eine deutliche Armut. Das stellt die Dinge doch ein bisschen<br />

auf den Kopf.<br />

Vielen Dank.<br />

(Beifall)<br />

Präsident Prof. Dr. Montgomery: Vielen Dank, Herr Kollege Grauduszus. – Nächster<br />

Redner ist Eckart Rolshoven aus dem Saarland.<br />

Dr. Rolshoven, Saarland: Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrter Herr von dem<br />

Knesebeck! Meine Damen und Herren! Ihre Ausführungen, Herr von dem<br />

Knesebeck, die in der Tendenz seit Langem bekannt sind – vorwiegend durch die<br />

Arbeiten von Siegrist −, richten sich ja in erster Linie an die Politik. So verstehe ich es<br />

jedenfalls. Die Ärzteschaft ist sicherlich aufgerufen, an dieser Stelle zu sehen, was<br />

sie tun kann. Aber zunächst einmal geht es um die Veränderung der sozialen Verhältnisse<br />

im politischen Raum. Dort sollten wir natürlich mit dabei sein, das sollten<br />

wir mit fördern.<br />

Ich habe ein bisschen Bedenken, wenn ich mir die Konsequenzen vorstelle, die die<br />

Ärzteschaft eventuell aus diesen Dingen zieht. Unsere Aufgabe ist es, ein niedrigschwelliges<br />

Angebot des Zugangs zu machen. Ich denke, das haben wir in<br />

Deutschland. Manche Patienten, besonders solche der untersten Schichten, nutzen<br />

<strong>Stenografischer</strong> <strong>Wortbericht</strong> – <strong>116.</strong> Deutscher <strong>Ärztetag</strong> 2013 – Plenum, Vormittag, 29.05.2013

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