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Stenografischer Wortbericht zum 116. Deutschen Ärztetag ...

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zu schlagen. Ich weiß nicht, zu welcher politischen Seite dieser Antrag gehören soll,<br />

denn er enthält eigentlich alte Kamellen.<br />

Herr Niemann, Sie haben den Widerspruch hinsichtlich der Beitragsbemessungsgrenze<br />

und der Kopfpauschale angesprochen. Herr Montgomery hat Ihnen geantwortet,<br />

dass der Sinn ist, dass das Erreichen der sozialen Grenze erschwert wird. Der<br />

Rentner, der ein niedriges Einkommen hat und vielleicht ein Apartment vermietet,<br />

muss die Einnahmen aus der Apartmentvermietung mit angeben. Er fällt also heraus<br />

und bekommt keine soziale Unterstützung. Auf der anderen Seite wird es erleichtert,<br />

in die private Krankenversicherung zu wechseln. Derjenige, der viel verdient und ein<br />

zusätzliches Einkommen hat, kommt natürlich über die Versicherungspflichtgrenze<br />

hinaus und kommt in die PKV. Das heißt, die PKV wird durch diesen Antrag unterstützt.<br />

Es ist typisch, dass in dem ganzen Antrag, obwohl er so viele Seiten umfasst,<br />

Grundbegriffe wie Versicherungspflichtgrenze überhaupt nicht auftauchen, überhaupt<br />

nicht diskutiert werden.<br />

Der zweite Punkt ist die unkritische Übernahme des dualen Krankenversicherungssystems.<br />

Wir haben das Beispiel der EKG-Abrechnung gehört. Es wurde heute Morgen<br />

behauptet, dass es eine Konkurrenz gebe. Das ist unsinnig, das verstehe ich<br />

nicht. Hier wird in zwei verschiedenen Ligen gespielt. Genauso wenig wie die Bundesliga<br />

eine Konkurrenz zur Regionalliga ist, genauso wenig ist die private Krankenversicherung<br />

eine Konkurrenz zur GKV, weil es eine Versicherungspflichtgrenze gibt.<br />

Alle, die darüber liegen, müssen in die private Krankenversicherung; alle, die darunter<br />

liegen, dürfen nicht in die private Krankenversicherung oder brauchen nicht in die<br />

private Krankenversicherung zu gehen, je nachdem, wie man es sieht. Das eine hat<br />

mit dem anderen nichts zu tun. Es ist keine Konkurrenz, sondern hier haben wir<br />

schlicht und ergreifend eine soziale Ungerechtigkeit, die wir als Ärzteschaft einfach<br />

nicht weiterhin so unkritisch hinnehmen dürfen.<br />

Der nächste Punkt betrifft die Frage von Kostenerstattung und Zuzahlungen. Ich<br />

glaube, der Deutsche <strong>Ärztetag</strong> hat sich jetzt schon dreimal hintereinander gegen die<br />

Kostenerstattung ausgesprochen. Trotzdem taucht es wieder auf.<br />

Zu den Zuzahlungen: Wir sind froh – Herr Montgomery hat es heute Morgen erneut<br />

gesagt −, dass die Praxisgebühr entfallen ist, weil sie keine Steuerungsfunktion hat.<br />

Trotzdem wird dieser Blödsinn einer Zuzahlung wieder gefordert, weil angeblich nur<br />

vermehrte Zuzahlungen die Motivation der Patienten beeinflussen.<br />

Wir haben acht oder neun Punkte aufgelistet, die gegen die Annahme des Antrags<br />

sprechen. Man sollte weiterhin darüber diskutieren – das ist vernünftig −, aber in der<br />

jetzigen Phase ist es meiner Ansicht nach politisch äußerst unklug, den Antrag anzunehmen.<br />

Der Antrag sollte deshalb rücküberwiesen werden.<br />

Danke sehr.<br />

(Vereinzelt Beifall)<br />

Präsident Prof. Dr. Montgomery: Vielen Dank, Herr Professor Dietrich. Nur zur sachlichen<br />

Aufklärung: Die Versicherungspflichtgrenze ist deshalb nicht erwähnt, weil Sie<br />

sie in dem System nicht mehr brauchen, da die Versicherungen nicht mehr in private<br />

und gesetzliche Versicherungen differenziert werden, sondern untereinander im<br />

<strong>Stenografischer</strong> <strong>Wortbericht</strong> – <strong>116.</strong> Deutscher <strong>Ärztetag</strong> 2013 – Plenum, 28.05.2013

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