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Stenografischer Wortbericht zum 116. Deutschen Ärztetag ...

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Ich nenne als einfache Beispiele das Schulbrot oder die Ernährung in den Kindertagesstätten<br />

oder auch die Belegung. Angehörige der ärmeren Schichten können<br />

überhaupt nicht in die Sportvereine hinein, weil sie nicht in der Lage sind, den Beitrag<br />

zu bezahlen. Wir haben gemeinsam mit dem Landessportbund in der Landesvereinigung<br />

für Gesundheitsförderung dafür gesorgt, dass die Ärmeren, die weniger Bewegung<br />

und damit einen höheren Grad von Adipositas haben, in die entsprechenden<br />

Gruppen kommen und nicht isoliert werden. Sie sind sonst isoliert, weil sie außen vor<br />

sind. Die aus den sozial begünstigten Schichten gehen <strong>zum</strong> Sport und sie selbst<br />

können dort nicht mitmachen.<br />

Bei uns haben sich auch die Medizinstudenten mit eingebracht. Sie haben einen Arbeitskreis<br />

gegründet, um herauszufinden, wie man Obdachlose am besten medizinisch<br />

betreut. Sie suchen Ärzte und vernetzen die Ärzte, die – gegen die Berufsordnung<br />

– diese Patientinnen und Patienten unentgeltlich behandeln.<br />

Es ist richtig, die Eigenverantwortung zu stärken. Aber wir müssen denjenigen Hilfestellung<br />

geben, die ihre Eigenverantwortung nicht wahrnehmen können, weil sie es<br />

einfach nicht mehr schaffen. Sie sind <strong>zum</strong> Teil so weit abgerutscht, dass sie es allein<br />

nicht mehr schaffen, aus dem Circulus vitiosus herauszukommen.<br />

Vielen Dank.<br />

(Beifall)<br />

Präsident Prof. Dr. Montgomery: Vielen Dank, Andreas. – Nächste Rednerin ist Frau<br />

Kollegin Rothe-Kirchberger aus Baden-Württemberg.<br />

Dr. Rothe-Kirchberger, Baden-Württemberg: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe<br />

Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte an meinen<br />

Vorredner anschließen und vor vereinfachten Erklärungsmodellen, noch dazu solchen,<br />

die auf eine Beschuldigung der Betroffenen hinauslaufen, warnen. Wir besprechen<br />

hier ein außerordentlich komplexes Thema. Ich denke, das wurde bereits bei<br />

dem Vortrag von Herrn von dem Knesebeck deutlich. Es geht nicht darum, einfache<br />

Ursache-Wirkung-Zusammenhänge aufzuzeigen. Wir wissen alle, dass diese Vorgänge<br />

hochkomplex sind und dass es um Wechselwirkungen geht.<br />

Ich möchte an den gestrigen Vortrag von Professor Maio erinnern. Insbesondere die<br />

psychosoziale Dimension ist ganz zentral, ebenso die Beziehungsmedizin, auf die<br />

Herr Professor Maio gestern besonders hingewiesen hat. Ich denke, es geht nicht<br />

nur um einen Ansatz, der präventiv oder psychoedukativ ist. Es geht auch um einen<br />

Ansatz, der Ärzte mit einschließt, wenn es um die Frage geht, wie wir solchen Menschen,<br />

solchen Patienten gegenübertreten, ob wir offen sein können dafür, dass sich<br />

diese Menschen in den wenigsten Fällen freiwillig dazu entschieden haben, arm und<br />

krank zu sein. Eine solche Entwicklung hat eine lange Geschichte. Die Geschichte<br />

beginnt bereits in der Schwangerschaft und setzt sich im Kleinkindesalter fort, wo die<br />

späteren Erwachsenen schlechte Bedingungen haben.<br />

Es ist wirklich notwendig, sehr früh einzusetzen und alles zu tun, um diesen Menschen<br />

zu helfen, die in unserem Lande, das wirklich in einem guten Zustand ist, sol-<br />

<strong>Stenografischer</strong> <strong>Wortbericht</strong> – <strong>116.</strong> Deutscher <strong>Ärztetag</strong> 2013 – Plenum, Vormittag, 29.05.2013

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