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Deutsche_Grammatik_Elke_Hentschel.pdf

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Genus Verbi<br />

sicht ähnlich wie das Lateinische, und es hat sich daher eingebürgert, dass<br />

Aktiv und Passiv stellvertretend für Genus Verbi stehen.<br />

Im traditionellen Verständnis weist das Passiv folgende Eigenschaften<br />

auf:<br />

x Morphologisch: Es erfolgt eine zusätzliche Markierung am Verb bzw. im<br />

Prädikat.<br />

x Semantisch-pragmatisch: Die Aufmerksamkeit gilt nicht der handelnden<br />

Person, sondern der Handlung selbst und dem Ziel dieser Handlung.<br />

x Syntaktisch: Die Verknüpfung von semantischer Rolle und syntaktischer<br />

Funktion ändert sich. Das Agens wird aus der Subjektrolle verdrängt, wo<br />

nun die ursprünglich im Objekt kodierten Partizipanten stehen. Die syntaktische<br />

Funktion Objekt fällt weg.<br />

In diesem traditionellen, eng gefassten Verständnis von Genus Verbi stehen<br />

morphologische Markiertheit am Verb bzw. im Prädikat und Entfernung der<br />

semantischen Rolle Agens aus dem Subjekt im Zentrum.<br />

Genus Verbi im weiteren Sinne<br />

Es gibt jedoch auch ein weiter gefasstes Verständnis von Genus Verbi, das<br />

sich vor allem in der typologischen Literatur findet und nicht-ide. Sprachen<br />

mit einbezieht. Für Vertreter dieses Ansatzes handelt es sich auch dann um<br />

Genus Verbi/Voice, wenn<br />

x dem Passiv entsprechende Argumentveränderungen vorliegen, aber keinerlei<br />

morphologische Markierung erfolgt, oder<br />

x zwar eine morphologische Markierung erfolgt, es sich aber um andere<br />

Argumentveränderungen als beim traditionellen Passiv handelt.<br />

Der erstgenannte Ansatz findet sich vor allem in den Arbeiten von Talmy<br />

Givón, bei dem das semantisch-pragmatische Merkmal der Agens-Defokussierung<br />

im Vordergrund steht, so dass bei ihm auch Sätze mit einem nicht<br />

näher bestimmten, generischen Agens als Passiv angesehen werden, z. B.:<br />

They dance in the street there; One goes to the market every Friday (Givón 2001:<br />

136). Der zweite Ansatz, der Genus Verbi als allgemeine Argumentveränderung<br />

auffasst, ist am weitesten bei Kulikov (i. D.) ausgearbeitet. In seinem<br />

Aufsatz „Voice typology“ legt er den Ansatz der Leningrader Schule zugrunde,<br />

wie er von Mel’čuk/Xolodovič (1970) entwickelt wurde. Das Modell<br />

basiert auf einem Konzept von Diathese, das nicht mit dem antiken Begriff<br />

diathesis identisch ist: Die Diathese bezieht sich hier jeweils auf eine<br />

spezifische Verknüpfung von semantischer Rolle und syntaktischer Funk-<br />

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