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Deutsche_Grammatik_Elke_Hentschel.pdf

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u<br />

Plusquamperfekt<br />

Plusquamperfekt (auch: vollendete Vergangenheit; engl. past perfect,<br />

pluperfect; von lat. plus quam perfectum ‚mehr als vollendet‘)<br />

Das Plusquamperfekt (‚Vorvergangenheit‘), wie es etwa in Ich war zu spät gekommen<br />

oder Das hatte ich mir anders vorgestellt vorliegt, gehört zu den sog.<br />

relativen Tempora (vgl. Velupillai/<strong>Hentschel</strong> 2009). Das bedeutet, dass außer<br />

dem Zeitpunkt der Äußerung (Sprechzeitpunkt, S) und dem Zeitpunkt<br />

des Ereignisses, von dem die Rede ist (Ereigniszeitpunkt, E), noch ein weiterer<br />

Zeitpunkt mit einbezogen wird. Dabei handelt es sich um den sog. Betrachtzeitpunkt<br />

(B), in Bezug auf den das Ereignis gesehen wird. Der Ereigniszeitpunkt<br />

liegt dabei beim Plusquamperfekt vor dem Betrachtzeitpunkt,<br />

und dieser wiederum liegt vor dem Sprechzeitpunkt. Auf einem Zeitstrahl<br />

kann man das so darstellen:<br />

250<br />

– E – B – S→<br />

In einem Satz wie Das hatte ich mir anders vorgestellt wird der Vorgang ‚ich<br />

stelle mir etwas vor‘ so zeitlich eingeordnet, dass er vor einem Zeitpunkt<br />

liegt, zu dem ich meine Vorstellungen offensichtlich revidieren musste. Der<br />

Betrachtzeitpunkt wird hier nicht explizit genannt, sondern nur mitverstanden;<br />

dennoch ist er notwendig, um die Bedeutung des Satzes zu verstehen.<br />

Oft wird der Betrachtzeitpunkt aber auch genannt, etwa in einem Nebensatz:<br />

Als ich nach Hause kam, hatten die anderen den ganzen Kuchen aufgegessen:<br />

das Aufessen (= Ereigniszeitpunkt) findet vor dem Heimkommen (= Betrachtzeitpunkt)<br />

statt.<br />

Form<br />

Gebildet wird das Plusquamperfekt mit der Präteritumsform des Hilfsverbs<br />

sein oder haben und dem Partizip Perfekt: Sie hatten aufgegessen; Ich war nach<br />

Hause gekommen. Die Regeln für die Wahl des Hilfsverbs sind dabei dieselben<br />

wie beim Perfekt: im Standardfall erfolgt die Formenbildung mit haben,<br />

nur in besonderen, genau abgrenzbaren Fällen wird sein verwendet. Dabei<br />

handelt es sich ausschließlich um intransitive Verben, also solche, die kein<br />

Akkusativobjekt haben und kein persönliches Passiv haben können. Darüber<br />

hinaus müssen sie bestimmte semantische Eigenschaften aufweisen, die man<br />

im weitesten Sinne als perfektiv beschreiben kann (vgl. <strong>Hentschel</strong>/Weydt<br />

2003: 54–56): sie müssen also den Anfang oder das Ende eines Vorgangs<br />

ausdrücken. Meist werden daher Verben, die eine Veränderung einer Lage<br />

oder eines Zustands ausdrücken, als typische Vertreter angeführt: Ich war<br />

hingefallen; Die Tulpen waren schon verblüht; Atlantis war längst im Ozean<br />

versunken. Außer diesem Verbtyp bilden ferner die Verben sein und bleiben

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