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Deutsche_Grammatik_Elke_Hentschel.pdf

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Kasusgrammatik<br />

gegangen werden kann. Hingegen soll noch eine weitere Unterscheidung<br />

angesprochen werden: die zwischen casus rectus (lat. eigentlich: ‚aufrechter<br />

Kasus‘) und casus obliquus (lat. eigentlich: ‚seitlicher Kasus‘; engl. Oblique).<br />

Während unter dem Rectus immer der Nominativ verstanden wird, ist die<br />

Definition des Obliquus nicht einheitlich. In der traditionellen <strong>Grammatik</strong><br />

werden darunter alle Kasus gefasst, die von der Grundform abweichen, mit<br />

anderen Worten: alle Kasus außer dem Nominativ. Das gilt auch dann, wenn<br />

es außer dem Nominativ nur einen weiteren Kasus gibt, der verschiedene<br />

Funktionen erfüllt, dies ist zugleich die am weitesten verbreitete Lesart des<br />

Begriffs. Daneben finden sich aber auch Definitionen, die unter einem Obliquus<br />

einen Kasus mit lokalen Funktionen verstehen, und schließlich solche,<br />

die alle nicht direkt vom Verb regierten Kasus als oblique ansehen (vgl.<br />

Blake 2001: 30f., 203; Iggesen 2005: 92f.).<br />

Blake, Barry J. (2001): Case. 2 nd ed. Cambridge/New York: Cambridge University Press.<br />

Brugmann, Karl (1904/1970): Kurze vergleichende <strong>Grammatik</strong> der indogermanischen Sprachen.<br />

Auf Grund des fünfbändigen ‚Grundrisses der vergleichenden <strong>Grammatik</strong> der indogermanischen<br />

Sprachen von K. Brugmann und B. Delbrück‘ verfasst. Straßburg 1904: Trübner. (Photomechanischer<br />

Nachdruck Berlin 1970: de Gruyter).<br />

Comrie, Bernard (2001): Language Universals and Linguistic Typology: Syntax and Morphology.<br />

2 nd ed., reprinted. Chicago: University of Chicago Press.<br />

Iggesen, Oliver A. (2005): Case-Asymmetry. A World-wide Typological Study on Lexeme-classdependent<br />

Deviations in Morphological Case Inventories. München: LINCOM.<br />

[EH]<br />

Kasusgrammatik (engl. case grammar)<br />

Der Begriff „Kasusgrammatik“ wird meist mit dem Namen des amerikanischen<br />

Linguisten Charles Fillmore (*1929) und seinem berühmten Aufsatz<br />

„A Case for a Case“ (1968) verbunden. Der aus der Generativen <strong>Grammatik</strong><br />

hervorgegangene Ansatz berücksichtigt bei der Beschreibung syntaktischer<br />

Relationen erstmals semantische Faktoren, wie sie beispielsweise für die Interpretation<br />

der englischen Sätze She opened the door with a key; The key opened<br />

the door; The door opened nötig sind. Mit dem Wort „Kasus“ im Namen<br />

des Modells ist dabei nicht die äußere Form gemeint, die ein Wort annimmt,<br />

sondern der zugrunde liegende sog. Tiefenkasus, der semantische Rollen repräsentiert.<br />

Im Fall des Beispielsatzes She opened the door with a key läge bei<br />

she die Rolle des Agens oder agentive vor, bei a key Instrument oder instrumental,<br />

bei the door Ziel oder objective.<br />

Fillmore, Charles (1968): „A Case for a Case“. In: Harms, Robert T./Bach, Emmon (eds.): Universals<br />

in Linguistic Theory. New York, Holt, Rinehart & Winston: 1–90.<br />

[EH]<br />

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