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Deutsche_Grammatik_Elke_Hentschel.pdf

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Artikel<br />

wird zudem häufig der Nullartikel hinzugerechnet. Die Abwesenheit des<br />

Artikels wird dann als eigenständige Funktion des Artikelgebrauchs gewertet,<br />

da sie zu einem Bedeutungsunterschied gegenüber dem Gebrauch eines<br />

Artikels führt, z. B.: Hast du Geld? vs. Hast du das Geld? In manchen <strong>Grammatik</strong>en<br />

wird der Begriff des Artikels aber auch noch weiter gefasst; so<br />

spricht etwa Eisenberg (2006: 175) zusätzlich von den „Possessivartikeln“<br />

mein, dein usw. sowie vom „Negationsartikel“ kein. Mitunter wird der Artikel<br />

zusammen mit allen attributiv gebrauchten Pronomina zu einer Gruppe<br />

„Artikelwörter“ zusammengefasst (so etwa Helbig/Buscha 2007: 320–353),<br />

da nie mehr als ein Mitglied dieser Gruppe bei einem Substantiv gebraucht<br />

werden kann (man kann also z. B. nicht *das mein Haus sagen). Allerdings ist<br />

dies eine Eigenschaft, die so nicht für jede Sprache gilt (vgl. z. B. italienisch<br />

la mia casa), und zudem finden sich Demonstrativa, Possessiva usw. auch in<br />

Sprachen, die keine Artikel kennen. Daher ist es vermutlich sinnvoller, Artikel<br />

als eine Untergruppe der sog. Determinativa (oder Determinierer) aufzufassen.<br />

Auch bei diesem Ansatz werden sie mit anderen Elementen wie<br />

Possessiva, Demonstrativa zu einer Klasse zusammengefasst, die nun aber<br />

über ihre sprachübergreifende Funktion und nicht über ihre zufällige Distribution<br />

im <strong>Deutsche</strong>n definiert wird.<br />

Historisch hat sich der bestimmte Artikel aus dem Demonstrativum, der<br />

unbestimmte aus dem Zahlwort ‚eins‘ entwickelt; einen Plural kennt nur der<br />

bestimmte Artikel. Vergleichbare Entwicklungen lassen sich auch in zahlreichen<br />

anderen Sprachen beobachten (vgl. Heine/Kuteva 2002: 109f., 220).<br />

Wenn eine Sprache nicht über Artikel verfügt, so kann sie Definitheit mit<br />

einer Reihe anderer Mittel ausdrücken, darunter Wortstellung, Kasusgebrauch<br />

und auch Aspekt (vgl. Leiss 2000).<br />

Bedeutung<br />

In Anlehnung an einen Vorschlag von Bickerton (1981: 247–250) kann<br />

man versuchen, die Bedeutung der Artikel anhand der Gegensatzpaare ‚spezifisch‘/‚unspezifisch‘<br />

und ‚identifizierbar‘/‚nicht identifizierbar‘ (vgl. hierzu<br />

auch Lyons 1999: 173) zu beschreiben. Identifizierbarkeit bedeutet dabei,<br />

dass der bezeichnete Gegenstand für den Hörer identifizierbar sein muss;<br />

beim Sprechen muss also der Wissensstand des Gegenübers stets mitberücksichtigt<br />

werden. Daher ist beispielsweise eine Äußerung wie Ich habe den<br />

Krimi schon gelesen nur sinnvoll, wenn beide Gesprächsbeteiligten wissen,<br />

von welchem Krimi die Rede ist (ihn also identifizieren können). Identifizierbar<br />

sind alle Gegenstände, die entweder im gemeinsamen Weltwissen der<br />

Gesprächsbeteiligten verankert sind oder aber die bereits in einer vorherge-<br />

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