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Deutsche_Grammatik_Elke_Hentschel.pdf

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Präteritum<br />

Präterito-Präsens (Plural: Präterito-Präsentia; engl. preterite-present<br />

verb; von lat. praeteritum ‚das Vergangene‘ und praesens ‚gegenwärtig‘)<br />

Als Präterito-Präsens bezeichnet man ein Verb, das der Form nach im Präteritum<br />

steht, der Bedeutung nach aber ein Präsens ist. Im <strong>Deutsche</strong>n gehören<br />

die Modalverben sowie das Verb wissen in diese Gruppe. Am Beispiel des<br />

Verbs wissen kann man gut erklären, wie solche Formen entstehen können:<br />

es geht auf eine ide. Wurzel *ûeid zurück, die ‚sehen‘ bedeutet. Ursprünglich<br />

sagte man damit also so etwas wie ‚ich sah es‘ – und was man mit eigenen Augen<br />

gesehen hat, das weiß man. Ein ähnliches Phänomen, wenngleich nicht<br />

mit einem Präteritum, sondern mit einem Perfekt gebildet, liegt im englischen<br />

to have got vor: was man bekommen hat, besitzt man danach, und daher<br />

hat sich die Bedeutung der Wendung von ‚bekommen haben‘ zu einfachem<br />

‚haben‘ gewandelt.<br />

[EH]<br />

Präteritum (engl. preterite oder past tense; von lat. praeteritum<br />

‚vergangen‘)<br />

Bedeutung und Funktion<br />

Das Präteritum hat die Funktion, einen Sachverhalt in der Vergangenheit<br />

zu situieren, ohne dabei eine Aussage darüber zu machen, wie lange er angedauert<br />

hat. Es darf daher nicht mit dem Imperfekt (von lat. imperfectus ‚unvollendet‘)<br />

verwechselt werden, einem Tempus, das dazu dient, Sachverhalte<br />

als in der Vergangenheit andauernd, als nicht abgeschlossen darzustellen.<br />

Ein solches Tempus gibt es im <strong>Deutsche</strong>n nicht. Das Präteritum gilt zugleich<br />

als das Tempus der Erzählung, des Erzählens schlechthin. Es ist sogar die<br />

Auffassung vertreten worden, das Präteritum habe die Funktion, dem Hörer<br />

zu signalisieren, dass eine Erzählung und kein Bericht vorliegt (vgl. Weinrich<br />

2001).<br />

Die Situierung eines Sachverhalts in der Vergangenheit bedeutet dabei<br />

nicht, dass der Sachverhalt in der Vergangenheit abgeschlossen ist (so noch<br />

Duden 1998: 150), wie die folgenden Sätze zeigen.<br />

Es war kalt.<br />

Wir wohnten in Windhagen, das im Westerwald lag.<br />

Zu Fällen wie Es war kalt schreibt Löbner (1988: 168): „Solche Sätze implizieren<br />

nicht, daß der besagte Zustand nicht mehr herrscht“. Und der zweite<br />

Satz bedeutet selbstverständlich nicht, dass der genannte Ort zum Sprechzeitpunkt<br />

nicht mehr im Westerwald liegt (vgl. Thieroff 1992: 113–116).<br />

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