05.12.2012 Aufrufe

Deutsche_Grammatik_Elke_Hentschel.pdf

Deutsche_Grammatik_Elke_Hentschel.pdf

Deutsche_Grammatik_Elke_Hentschel.pdf

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Partizip<br />

gen (z. B. denken/gedacht). Aus einer anderen Wurzel als der Infinitiv stammt<br />

das Partizip gewesen, das zu sein gebildet wird; man spricht hier von einem<br />

Suppletivstamm.<br />

Bei Verben mit einem untrennbaren Präfix wird das Präfix ge- nicht verwendet,<br />

so dass das Partizip ausschließlich durch das Suffix -t bzw. -en markiert<br />

ist: besichtigt, überwältigt, bekommen. Auch Fremd- und Lehnwörter<br />

auf -ier- bilden ihr Partizip ohne ge-: demonstriert, ruiniert usw. Bei trennbaren<br />

Verben tritt das Präfix ge- zwischen den abtrennbaren Bestandteil und<br />

den Verbstamm: an-ge-kommen, auf-ge-fressen, aus-ge-lacht. Bei attributivem<br />

Gebrauch folgt das Partizip II ebenso wie das Partizip I der Adjektivdeklination:<br />

der verbrannte Brief; die Betrogenen.<br />

Bedeutung<br />

Partizipien sind infinite Verbformen, d. h. sie enthalten keine Personalendung<br />

und können nicht das Prädikat eines Hauptsatzes bilden. Daher wird<br />

das Tempus eines Partizips immer relativ zum Tempus des übergeordneten<br />

Verbs interpretiert. Während das Präsens bei einem finiten Verb Gleichzeitigkeit<br />

mit dem Sprechzeitpunkt ausdrückt, drückt es bei einem Partizip I<br />

Gleichzeitigkeit mit dem finiten Verb aus. So liegt bei Sie liegen sich weinend<br />

in den Armen sowohl das Weinen als auch die Umarmung in der Gegenwart,<br />

während beide Ereignisse bei Sie lagen sich weinend in den Armen<br />

in der Vergangenheit stattfanden; sie verlaufen aber in jedem Fall gleichzeitig.<br />

Wenn das Partizip I attributiv gebraucht wird, kann es ebenso wie das<br />

Präsens eines finiten Verbs (vgl. Die Erde dreht sich um die Sonne) auch Allgemeingültigkeit<br />

ausdrücken. Daher drückt das Partizip spielend im dem<br />

Satz Es waren spielende Kinder abgebildet nicht aus, dass die Kinder nur zum<br />

Zeitpunkt der Abbildung spielten. Dass ein Partizip Präsens relative Gleichzeitigkeit<br />

sowie, insbesondere bei attributivem Gebrauch, auch ‚Andauern‘<br />

oder ‚Allgemeingültigkeit‘ ausdrücken kann, ist typisch für diese Verbform<br />

und keine Besonderheit des <strong>Deutsche</strong>n.<br />

Das Partizip II drückt primär nicht so sehr ein Vergangenheitstempus als<br />

vielmehr einen Aspekt aus, der als perfektiv oder auch resultativ beschrieben<br />

werden kann (vgl. Abraham 2000: 152; Kotin 2000: 322). Historisch handelt<br />

es sich bei den Partizipien II um Formen, die aus verschiedenen Quellen<br />

mit jeweils unterschiedlichen Funktionen stammen, aber im Verlauf der<br />

Sprachgeschichte formal zusammengefallen sind und in der Form des modernen<br />

Partizips nicht mehr unterschieden werden können. Einen äußeren<br />

Unterschied zwischen aktivischen und passivischen Perfektpartizipien gibt<br />

222

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!