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Deutsche_Grammatik_Elke_Hentschel.pdf

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Dativ<br />

anzutreffen, wenn es um einen Körperteil oder (seltener) um ein Kleidungsstück<br />

geht (zur Frequenz dieser Vorkommensweisen vgl. Krohn 1980), vgl.:<br />

Sie klopfte ihm auf die Schulter.<br />

Sie klopfte ihm auf das Revers.<br />

In allen anderen Fällen steht statt des früher möglichen Dativs im modernen<br />

Deutsch ein possessiver Genitiv oder ein Possessivpronomen. Diese Ersetzung<br />

ist auch bei den noch erhaltenen possessiven Dativen möglich und<br />

kann damit zugleich als Erkennungstest für possessive Dative genutzt werden,<br />

auch wenn das Ergebnis oft etwas unidiomatisch klingt:<br />

Sie schüttelte ihm freundlich die Hand.<br />

→ Sie schüttelte freundlich seine Hand.<br />

Im Unterschied zu den vorgenannten sind sie nicht weglassbar, wenn man<br />

sie nicht durch das Possessivpronomen ersetzt: *Sie schüttelte freundlich die<br />

Hand. Dative dieses Typs werden von vielen Autoren ebenfalls den Objekten<br />

zugerechnet (vgl. z. B. Duden 2009: 818).<br />

Anders als beim einfachen possessiven Dativ gilt die semantische Beschränkung<br />

auf Körperteile und Kleidungsstücke nicht, wenn gleichzeitig<br />

sowohl der Dativ als auch ein Possessivpronomen verwendet werden: meiner<br />

Schwester ihr Freund ‚der Freund meiner Schwester‘, ihrem Freund sein Auto<br />

‚das Auto ihres Freundes‘ usw. Diese Konstruktion, die in der Norm der<br />

Standardsprache als nicht korrekt gilt, ist insbesondere in der gesprochenen<br />

Sprache im gesamten Sprachgebiet und den verschiedensten Dialekten weit<br />

verbreitet.<br />

Als Dativus iudicantis (von lat. iudicans ‚der/die Urteilende‘: Dativ der<br />

urteilenden Person) wird eine Funktion des Dativs bezeichnet, von deren<br />

Standpunkt aus eine Aussage gemacht wird. Er tritt im <strong>Deutsche</strong>n vorwiegend<br />

bei prädikativen Adjektiven auf, die oft von der Intensivpartikel zu<br />

oder genug begleitet werden: Ist dir kalt? Ist dir jetzt warm genug? Jetzt ist es<br />

mir zu warm usw. In den modernen <strong>Grammatik</strong>en des <strong>Deutsche</strong>n wird dieser<br />

Dativ beim Vorkommen von zu und genug immer als von diesen Elementen<br />

regiert angesehen (vgl. Eisenberg 2006: 287; Zifonun u. a. 1997: 1344).<br />

Sein Vorkommen ohne Intensivpartikel (wie im Beispielsatz Ist dir kalt?)<br />

wird demgegenüber meist nicht gesondert thematisiert.<br />

Unter Dativus ethicus oder „ethischem Dativ“ versteht man schließlich<br />

den Dativ zur Bezeichnung einer Person, die emotional am Geschehen beteiligt<br />

ist. Im <strong>Deutsche</strong>n ist er relativ selten. Typische Vorkommen wären<br />

etwa: Jetzt sei mir bloß nicht gleich beleidigt! Werd mir bloß nicht wieder frech!<br />

Wegen seines eingeschränkten, auf Personalpronomina (und hier meist das<br />

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