Birgit Hilliger Paradigmenwechsel als Feld strukturellen ... - Budrich
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Wissen <strong>als</strong> Lerngegenstand<br />
geringere Denkleistungen stellen würde <strong>als</strong> die Vereinigung unserer Anschauung<br />
von Raum und Zeit. 143 Mittlerweile haben wir uns besonders in der<br />
westlichen Philosophietradition an die Spaltung der Welterklärung, an die<br />
Trennung zwischen Seele und Leib, Geist und Materie, gewöhnt. In den traditionellen<br />
Formen institutionalisierten Lernens an Schulen und Universitäten<br />
wird die Trennung nach wie vor praktiziert, indem fast ausschließlich sogenanntes<br />
objektives, wissenschaftliches Wissen vermittelt wird.<br />
Im Diskurs des Lebenslangen Lernens wird jedoch mittlerweile verstärkt<br />
die Wichtigkeit von kontextspezifischem und erfahrungsbezogenem Lernen<br />
betont. So ging es in den vorgestellten Modellprojekten vorrangig um die<br />
Gestaltung arbeitsplatznaher Lernkonzepte, in denen theoretisches Wissen<br />
und Erfahrungswissen aufeinander bezogen werden sollten.<br />
Die Benennung der Wissensformen <strong>als</strong> explizites und implizites Wissen<br />
wird auf Michael POLANYI zurückgeführt. 144 Explizites Wissen ist ein klar<br />
ausdrückbares Wissen, das in formaler, systematischer Sprache weitergebbar<br />
ist bzw. immer im Zusammenhang mit den materialisierten Kommunikationsformen<br />
oder Medien steht. Implizites Wissen ist ein Wissen, welches sich<br />
in Intuitionen, Gefühlen, Metaphern oder Bedeutungszuschreibungen offenbart,<br />
ohne dass es klar benennbar oder erklärbar ist. Wir verfügen über mehr<br />
Wissen, <strong>als</strong> wir (explizit) zu sagen wissen.<br />
Implizites Wissen gründet auf Erfahrungen und entsteht durch die mehr<br />
oder weniger unterschwelligen Wahrnehmungen von Gesamtheiten, dem<br />
Wesen oder der inneren Natur. Die Art der Wahrnehmung hat Einfluss auf<br />
die Organisation von Erfahrungen. Das implizite Wissen wird <strong>als</strong> problemorientiert<br />
charakterisiert und stellt eine unabdingbare Voraussetzung für den<br />
menschlichen Erkenntnisakt dar. Es verspricht die Annäherung an Lösungen<br />
und die Antizipierung noch unbekannter Implikationen. 145<br />
Nach NONAKA/TAKEUCHI ist das implizite Wissen persönliches, kontextspezifisches<br />
Wissen. Später wird darauf verwiesen, dass implizites Wissen in<br />
seiner Kontextualität im kulturellen und organisationalen Wissen verankert<br />
ist. NONAKA/TAKEUCHI unterscheiden implizites Wissen nach technischen<br />
und kognitiven Elementen. Die technische Seite bezieht sich auf konkretes<br />
Know-how, handwerkliches Geschick und Fertigkeiten, die kognitive auf<br />
Formen des intuitiven, bildlichen Wahrnehmens. Es werden Entitäten, die<br />
Seinshaftigkeit oder Wesenheiten wahrgenommen. Implizites Wissen steckt<br />
u. a. in Metaphern und Analogien, die Menschen dabei helfen, sich in der<br />
Welt zu orientieren und zurechtzufinden. 146<br />
143 Rupert bezieht sich auf Kant in Rupert 2003, S. 84.<br />
144 Vgl. Polanyi 1985.<br />
145 Vgl. ebenda, S. 14ff.<br />
146 Vgl. Nonaka/Takeuchi 1997, S. 72.<br />
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