Birgit Hilliger Paradigmenwechsel als Feld strukturellen ... - Budrich
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Wissen <strong>als</strong> Lerngegenstand<br />
formen auf persönliches Erleben an Grenzen. Auch NONAKA/TAKEUCHI<br />
betonen in ihren Ausführungen, dass die Transformationsprozesse des Wissens<br />
nur in ihren sozialen Dimensionen zu verstehen sind und insofern in<br />
ihrer Betrachtung nicht auf das subjektive Erleben einzelner beschränkt bleiben<br />
dürfen. 198<br />
Ob es um die Herausstellung des rekursiven Charakters von Wissen geht,<br />
seine Kontextabhängigkeit, die Entstehung von Ordnungsmustern und Erwartungsstrukturen<br />
oder auch um Fragen des Realitätsabgleichs – immer wird<br />
der Bezug zum kulturellen Wissen deutlich. Für reflexive Lernvorgänge gilt<br />
es, die strukturelle Komplexität des Wissens zu erfassen. Somit werden das<br />
Wechselspiel zwischen implizitem und explizitem Wissen sowie die Zusammenhänge<br />
der Entstehung der gesellschaftlichen Wissensbestände, kognitiver<br />
Wissensstrukturen, sozialer Ordnungen, kultureller Codes oder Paradigmen<br />
und die der Entstehung subjektiver Bedeutungszuschreibungen zum eigentlichen<br />
Lerngegenstand.<br />
Im weiteren Erschließen lerntheoretischer Zugänge bzgl. der Entstehung<br />
und Erschließung von Wissen sollen nunmehr in die weitere Diskussion kulturwissenschaftliche<br />
und sozialtheoretische Perspektiven einbezogen werden.<br />
Die Entstehung des impliziten und expliziten Wissens vollzieht sich nach<br />
ROSA auf dem Boden der jeweiligen sozialen Ordnungen, kulturellen Codes<br />
oder Paradigmen, bzw. „sind das Ergebnis intersubjektiv-kultureller Sozialisationsprozesse,<br />
die Individualität vor dem Hintergrund je kulturell verbindlicher<br />
intersubjektiver und gemeinschaftlicher Bedeutung ermöglichen.“ 199<br />
Ordnungsmuster, Paradigmen und kulturelle Codes wirken subjektübergreifend.<br />
Das wird schon daran ersichtlich, dass menschliches Verhalten sich<br />
ohne wahrnehmbare äußere Steuerung scheinbar regelmäßig wiederholt und<br />
einheitliche Muster aufweist. Individuelles Wissen, subjektive Deutungen<br />
und subjektives Erleben können demnach nicht losgelöst von Raum und Zeit<br />
existieren, sondern sind eingebettet in einen kulturellen bzw. sozialen Kontext.<br />
Die Einzelnen teilen miteinander kognitive Wissensordnungen, die sie<br />
die Wirklichkeit relativ synchron wahrnehmen und bewerten lassen und die<br />
jedem Einzelnen in den Auseinandersetzungen mit ihnen situative Sinnzuschreibungen<br />
nahelegen. Die kulturellen Codes wirken dabei determinierend<br />
und bestehen innerhalb von Variationsmöglichkeiten fort.<br />
KUHN spricht in diesem Zusammenhang von Paradigmen, die sich einerseits<br />
geschichtlich entwickelt haben, andererseits unsere Wahrnehmungsprozesse<br />
steuern und Erfahrungen selbst programmieren. 200 In kognitiver Hinsicht<br />
kann ein Paradigma <strong>als</strong> „System von Überzeugungen ontologischer,<br />
198 Vgl. Nonaka/Takeuchi 1997, S. 73ff.<br />
199 Taylor zitiert in Rosa 1999, S. 19.<br />
200 Rosa bezieht sich auf Kuhn, in Rosa 1999, S. 12.<br />
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