Birgit Hilliger Paradigmenwechsel als Feld strukturellen ... - Budrich
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Wissen <strong>als</strong> Lerngegenstand<br />
Folgen wir der Ausgangsthese, nach der die Notwendigkeit reflexiver<br />
Lernprozesse in Veränderungsprozessen hervorgehoben wurde, wird erkennbar,<br />
dass die Frage nach der Aufdeckung und Bearbeitung des Wechselverhältnisses<br />
zwischen explizitem und implizitem Wissen in den Mittelpunkt<br />
rückt. Reflexive Lernprozesse betreffen sowohl die Herausbildung des handlungspraktischen<br />
<strong>als</strong> auch des diskursiven Bewusstseins.<br />
Lernprozesse, in denen das handlungspraktische Bewusstsein herausgebildet<br />
wird, beziehen sich auf das Benennen, Deuten und Beschreiben des<br />
impliziten Wissens und das Gewahrwerden von vorhandenen und nicht vorhandenen<br />
Kompetenzen. Lernprozesse, in denen das diskursive Bewusstsein<br />
entwickelt wird, liegen auf der Ebene des Double-Loop-Lernens, auf der die<br />
Entstehung des Wissens und somit die Prozesse des Ordnens und Organisierens<br />
von Erfahrungen zum Lerngegenstand werden.<br />
Diskursives Bewusstsein bildet sich heraus, indem die von NONA-<br />
KA/TAKEUCHI <strong>als</strong> spiralförmig beschriebenen Transformationsprozesse des<br />
Wissens in ihrer Prozesshaftigkeit wahrgenommen und gedeutet sowie <strong>als</strong><br />
Gesamtheit im Lernprozess verbunden werden. Durch analoge Methoden<br />
kann implizites Wissen erschlossen werden. Dies erfolgt über Symbole, Metaphern<br />
und Bilder, die in Verbindung mit den Fragestellungen oder Problemen<br />
hervorgebracht werden. Entsprechende reflexive Lernprozesse gehen<br />
somit über die Interpretation des impliziten Wissens hinaus, verfolgen den<br />
Prozess der Bedeutungsbildung und das Erkennen des dynamischen Zusammenhangs<br />
zwischen den Wissensformen und den darauf beruhenden Handlungsmöglichkeiten.<br />
Dabei greifen sie auf die Anwendung analoger Verfahren zurück, wie sie<br />
bereits in Kapitel 3.1.2 vorgestellt wurden. Lernen folgt hier einem interpretativen<br />
Paradigma, indem über hermeneutische Verfahren Erklärungsrahmen<br />
erarbeitet werden. 194 Die Akteure können in Hypothesen bildenden Suchbewegungen<br />
Gründe für ihr Handeln benennen und Zusammenhänge in der<br />
Entstehung ihrer mentalen Modelle oder Organisationskulturen erkennen.<br />
Auf der Stufe des diskursiven Bewusstseins wurden aber auch die Fähigkeit<br />
zur Wahrnehmung und Auseinandersetzung mit anderen mentalen Modellen<br />
oder semantischen Zuschreibungen und die der Irritationsfähigkeit<br />
betont. Diese werden durch Formen der kollegialen Wissenserschließung<br />
ermöglicht. Hilfreich erweist sich dabei die systemische Methode des zirkulären<br />
Fragens, 195 bei der es im Vordergrund um die Wahrnehmung der unterschiedlichen<br />
Perspektiven und Realitäten geht und ein wechselseitiger Deu-<br />
194 Vgl. Schäffter 2001, S. 195.<br />
195 Vgl. Rappe-Giesecke 2008, S. 22. Durch zirkuläre Fragen wird erkennbar, wer welche<br />
Definition eines Problems hat, wann es bei den Personen auftaucht, welche<br />
Lösungsversuche es gab und warum sie nach deren Ansicht nicht zum Erfolg führen<br />
konnten.<br />
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