Birgit Hilliger Paradigmenwechsel als Feld strukturellen ... - Budrich
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Reflexives Lernen in der Erwachsenenpädagogik<br />
nisationsberatung. Hier haben sie sich auch mehr und mehr entwickelt, ausdifferenziert<br />
und institutionalisiert. Dagegen gibt es kaum institutionalisierte<br />
erwachsenenpädagogische Organisationsstrukturen, in denen reproduktive<br />
und reflexive Lernformen in der dargestellten Art ineinandergreifen können.<br />
Lehrende, die im normativen Paradigma sozialisiert wurden, die hier ihre<br />
Lern- und Lehrerfahrungen gesammelt sowie theoretische und praktische<br />
Kenntnisse erworben haben, agieren, auch wenn sie reflexive Methoden<br />
kennenlernen, meist weiter aus ihrem Lehrverständnis und aus den ihnen<br />
eigenen formallogischen Gesichtspunkten heraus. Sie werden allenfalls versuchen,<br />
diese in ihr Paradigma zu integrieren, wie es in den Projektbeispielen<br />
mehrfach deutlich wurde. Im Modus der <strong>strukturellen</strong> Kopplung wurde z. B.<br />
Coaching <strong>als</strong> Unterstützung bei der Aneignung von Wissen eingesetzt. Natürlich<br />
kann dadurch die Qualität der Lernunterstützung verbessert werden. Der<br />
Einsatz von Bedarfsanalysen bei der Planung von Lernangeboten ermöglicht<br />
ebenfalls eine zielgenauere Unterstützung der Lernenden. Werden reflexive<br />
Methoden aus ihrem Sinnkontext herausgerissen und die Rahmenbedingungen,<br />
die reflexives Lernen erfordert, nicht beachtet, besteht sogar die Gefahr,<br />
dass die eingesetzten Methoden bei den Lernenden Irritationen oder Abwehrstrategien<br />
auslösen.<br />
Bei der Herausbildung neuer Lernformen und Lernkulturen, in denen die<br />
Grundlagen für eine selbstbestimmte und selbstorganisierte Gestaltung des<br />
eigenen Lebens oder der partizipativen Entwicklung von Unternehmen gesehen<br />
wurden, stoßen jene Lehrende und pädagogische Organisationen an<br />
Grenzen, die an traditionellen Lernformen festhalten: Unter dem normativen<br />
Paradigma können keine zieloffenen Veränderungen unterstützt werden. 393<br />
Auf der einen Seite werden durch die gesellschaftliche und technologische<br />
Entwicklung Lernsituationen hervorgerufen, die reflexives Lernen notwendig<br />
werden lassen und infolgedessen sich erst die neuen Lernformen<br />
herausbilden; mit den Worten ROSAs sind sie sozusagen das „Produkt vermehrten<br />
Zweifelns an der Fruchtbarkeit des herrschenden Paradigmas“ 394 .<br />
Auf der anderen Seite behindern die alten Erwartungsstrukturen und institutionellen<br />
Rahmenbedingungen einer <strong>strukturellen</strong> Transformation des pädagogischen<br />
Handlungsfeldes. Das gilt entsprechend in anderen Funktionsbereichen<br />
und Handlungsfeldern. LAUCKEN hat <strong>als</strong> theoretischer Psychologe für<br />
dieses <strong>Feld</strong> sehr anschaulich beschrieben, wie sich entlang unterschiedlichen<br />
Denkstrukturen verschiedene Praktiken in den Wissenschaften, in der Beratungsszene<br />
oder in den alltäglichen Handlungszusammenhängen herausbilden<br />
und miteinander konkurrieren.<br />
393 Vgl. Schäffter 2005, S. 197f.<br />
394 Rosa 1995, S. 79.<br />
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