Birgit Hilliger Paradigmenwechsel als Feld strukturellen ... - Budrich
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Wissen <strong>als</strong> Lerngegenstand<br />
Der Diskurs zum Zusammenhang zwischen Strukturen und Handlung hat<br />
seine Tradition im sogenannten Determinismusstreit, 225 der sich auch um die<br />
Frage dreht, inwieweit Handeln notwendigerweise auf kulturelles Wissen<br />
bzw. auf Erwartungsstrukturen zurückzuführen ist. Der Streit gründet auf den<br />
voneinander abweichenden Antworten auf die Frage zum Verhältnis zwischen<br />
Struktur und Handlung bzw. welcher von beiden Seiten der determinierende<br />
Charakter zugesprochen wird.<br />
In objektivistischen Theorien werden die Strukturen <strong>als</strong> determinierend<br />
angesehen. Sie existieren vom Handeln der Menschen unabhängig, wobei die<br />
Menschen in ihren Handlungen den Strukturen unterworfen sind. In den<br />
subjektivistischen Ansätzen (interpretative Ansätze, Hermeneutik) wird dagegen<br />
davon ausgegangen, dass der Sinn des Handelns für die Erklärung<br />
menschlichen Handelns primär ist und die Strukturen auf der Basis unterschiedlicher<br />
Interpretationen und Deutungen ständig neu ausgehandelt und<br />
verändert werden.<br />
Die Ansätze bewegen sich folglich zwischen einem Strukturdeterminismus<br />
und einer ausgeprägten Strukturvariabilität. Wenn hier die handlungsstrukturierende<br />
Wirkung des kulturellen Wissens <strong>als</strong> Erkenntnisgegenstand<br />
zur Diskussion steht, wird eine determinierende Wirkung des Wissens vorerst<br />
eingeräumt. Im Gegensatz zum Strukturdeterminismus wird aber gleichzeitig<br />
davon ausgegangen, dass Strukturen nicht losgelöst vom Handeln der Menschen<br />
existieren bzw. im Handeln entsprechend kontextspezifischer Deutungen<br />
immer wieder neu hervorgebracht werden und sich entlang dieses Prozesses<br />
verändern. Diese Veränderungen verlaufen zum großen Teil unbewusst<br />
und werden durch Strukturverschiebungen auf einer basalen Ebene begleitet.<br />
Aus erkenntnistheoretischer Perspektive ist hier der Wirkungszusammenhang<br />
zwischen Wissensstrukturen und Handlungen in seiner Relevanz<br />
für Lernprozesse darzustellen. Dafür sollen Begründungsansätze aus<br />
systemtheoretischen, strukturtheoretischen sowie weiterführenden praxistheoretischen<br />
bzw. kulturtheoretischen Theorieansätzen herangezogen werden.<br />
Zwischen Strukturdeterminismus und Strukturvariabilität – Das<br />
Verhältnis von Wissen und Handlung aus systemtheoretischer<br />
Perspektive<br />
Auf strukturdeterministische Aussagen trifft man in konstruktivistischen und<br />
systemtheoretischen Herleitungen. LUHMANN <strong>als</strong> einer der Begründer der<br />
Systemtheorie setzt an die Stelle eines Systembegriffs unterschiedliche unabhängige<br />
Systeme, die unterschiedlich beobachten und nicht miteinander<br />
225 Vgl. Walgenbach 2001, S. 357.<br />
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