Birgit Hilliger Paradigmenwechsel als Feld strukturellen ... - Budrich
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Wissen <strong>als</strong> Lerngegenstand<br />
plexe Struktur von handlungswirksamen Motiven gibt, die den Menschen<br />
nicht bewusst zugänglich sind. Mittlerweile gehen verschiedene Forschungsrichtungen<br />
davon aus, dass ein großer Teil psychischer Prozesse nie bewusst<br />
wird. Die Frage, in welchem Modus die Psyche operiert, soll anhand einer<br />
Diskussion von Wasser betrachtet werden, in der er danach fragt, ob und wie<br />
sich Unbewusstes beobachten lässt. 169<br />
WASSER bezieht sich auf LUHMANN, der Psyche und Bewusstsein gleichsetzt<br />
bzw. Bewusstsein <strong>als</strong> Operationsmodus der Psyche beschreibt. Diese<br />
Betrachtungsweise LUHMANNs kann seiner Meinung nach nicht aufrechterhalten<br />
werden. Es gibt zum einen psychische Operationen, an denen kein<br />
Bewusstsein beteiligt ist, zum anderen kann sich das Bewusstsein auch nicht<br />
selbst steuern. Diese Eigenschaft wird jedoch autopoietischen Systemen<br />
zugeschrieben. Das Bewusstsein kann selbst keine Einfälle haben oder produzieren<br />
und „bewusste Entscheidungen werden eindeutig unbewusst vorbereitet“.<br />
170 Des Weiteren kann „das Bewusstsein […] Unbewusstes nur denkend<br />
konstituieren, das heißt logisch erschließen“, und so „hat das psychische<br />
System denkend keinen unmittelbaren Zugang zum Unbewussten“ 171 .<br />
Daraus kann nunmehr abgeleitet werden, dass explizites Wissen dem<br />
Bewusstsein und implizites Wissen dem Unbewussten zugeordnet wird und<br />
der Zugang zum expliziten Wissen über bewusstes Denken erfolgt. Der Zugang<br />
zum impliziten Wissen kann dagegen nur auf einer phänomenologischen<br />
Ebene erfolgen.<br />
WASSER sieht es deshalb <strong>als</strong> notwendig an, die psychoanalytischen Erkenntnisse<br />
FREUDs systemtheoretisch zu integrieren. Er stellt dahingehend<br />
dem Operationsmodus „Bewusstsein“ die Basisoperation „Erleben“ entgegen,<br />
von der aus wiederum bewusstes und unbewusstes Erleben unterschieden<br />
werden können. Aus dieser Differenzierung kann nunmehr das dynamische<br />
Wechselspiel zwischen Wahrnehmungen und Erkenntnissen sowie Denken,<br />
Deuten und Fühlen betrachtet werden.<br />
Im Operationsmodus „Erleben“ kann man unter Einbeziehung der<br />
Freud’schen Systematisierung „bewusst, vorbewusst und unbewusst“ die<br />
Betrachtung der Zugangsmöglichkeiten zu den impliziten Wissensstrukturen<br />
weiter ausdifferenzieren. 172 Es gibt eine Bewusstseinsebene, auf der die Beziehung<br />
zwischen Intuitionen, Gefühlen und Wissen klar benannt werden<br />
169 Vgl. Wasser 2003.<br />
170 Ebenda, S. 7.<br />
171 Ebenda, S. 18.<br />
172 Vgl. ebenda, S. 20f. Wasser verweist auf die radikale Wende in der Freud’schen Theorie, in<br />
der er selbst Bewusstsein, Unbewusstes und Vorbewusstes aus dem Status von<br />
Teilsystemen enthob und <strong>als</strong> Qualitäten des Erlebens weiterführte. Das psychische System<br />
unterteilte er fortan in die Teilsysteme „Ich“, „Es“ und „Über-Ich“, die sich den<br />
Operationsmodus „Erleben“ teilen.<br />
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