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Birgit Hilliger Paradigmenwechsel als Feld strukturellen ... - Budrich

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Wissen <strong>als</strong> Lerngegenstand<br />

dass es keine gesicherte Beziehung zwischen Ursache und Wirkung gebe,<br />

dass die Zeit nicht notwendigerweise geradlinig verlaufe, dass der Raum in<br />

sich zurückgezogen anstatt unendlich sei. 157<br />

...von Aristoteles über Descartes und Newton bis in die jüngste Vergangenheit herein<br />

konstruiert dieses Ursachendenken in Begriffen des dreidimensionalen Raums und der<br />

unveränderlich fortschreitenden Zeit nicht nur das wissenschaftliche, sondern auch das<br />

gesellschaftliche Bild der Welt. Aus ihm dürften sich in letzter Instanz auch die abendländischen<br />

Begriffe von Verantwortung, von Recht und von Schuld, Moral, Ethik, Ästhetik<br />

und vor allem von wahr und f<strong>als</strong>ch ableiten. 158<br />

Folgt man der bisherigen Argumentation, dann erfolgt der Ablauf von Ereignissen<br />

nicht notwendigerweise geradlinig, sondern rückbezüglich und somit<br />

eher kreisförmig. Das implizite Wissen ist für den Ablauf der Ereignisse<br />

(mit)verantwortlich.<br />

In einer rückbezüglichen Denkweise wird davon ausgegangen, dass die<br />

Diagnosen, Bewertungen oder Bedeutungszuschreibungen selbst eine Wirklichkeit<br />

erschaffen, wobei die angenommene Wirkung zur Ursache wird bzw.<br />

durch sie die Bedingungen oder Zustände für das Eintreten der tatsächlichen<br />

Wirkungen erzeugt werden. Der Glaube an ein So-Sein bekommt eine wirklichkeitsschaffende<br />

Komponente insofern, dass wir die Folgen unserer Handlungen<br />

und die Erkenntnisse, die wir erlangen, mitgestalten und so mitbestimmen.<br />

Mit dieser Erkenntnis muss kritisch hinterfragt werden, inwieweit Einstellungen<br />

oder vorgefertigte Meinungen über andere, ob Schüler, Lehrlinge<br />

oder Mitarbeiter, aber auch über sich selbst, deren oder die eigenen Leistungen<br />

beeinflussen. 159 Vorannahmen oder Voraussagen können die Bedingungen<br />

für das Eintreten der erwarteten Ereignisse erst schaffen. Es gibt vielfältige<br />

Beispiele, in denen das Wissen über die Wirkungen positiver Voraussagen<br />

genauso beschrieben wird, wie die unausweichlichen Folgen von Misserfolgsprophezeiungen<br />

oder Flüchen. 160<br />

Lernende, die das Selbstbild „Ich kann das alles nicht“ von sich haben,<br />

gehen oft ängstlich an Aufgaben heran oder vermeiden sie gänzlich und bestätigen<br />

somit sich und der Umwelt, dass sie die von ihnen erwartete Aufgabe<br />

auch real nicht erfüllen können. WILLKE verweist diesbezüglich auf ARGY-<br />

RIS, der unter dem Stichwort defensive Routinen beschreibt, wie Akteure<br />

defensive Muster benutzen und es somit zu destruktiven und pathologischen<br />

157 Vgl. Watzlawick 2003b, S. 97.<br />

158 Ebenda, S. 62.<br />

159 Oak-School-Experimente: Lehrern wurde in einem Experiment mitgeteilt, dass manche<br />

Schüler überdurchschnittliche Leistungen hätten, ohne dass dies wirklich der Fall gewesen<br />

wäre. Diese Schüler wurden in der Folge durch die Lehrer anders behandelt und erbrachten<br />

dann wirklich besondere Leistungen. Vgl. Watzlawick 2003b, S. 97.<br />

160 Beobachtbar z. B. <strong>als</strong> angewandte Methode in Werbung und Propaganda.<br />

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