Birgit Hilliger Paradigmenwechsel als Feld strukturellen ... - Budrich
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Wissen <strong>als</strong> Lerngegenstand<br />
In Letzteren kann beobachtet werden, wie Personen, die in einer Skulptur<br />
<strong>als</strong> Stellvertreter für andere Personen aufgestellt werden, Gefühle wahrnehmen,<br />
die zu diesen Personen gehören. 178 In der Erschließung von impliziten<br />
Wissensebenen geht es hierbei um ein sinnliches Wahrnehmen und szenisches<br />
Darstellen und Verstehen von Erscheinungen in Systemen. Lösungsoptionen<br />
werden auch weiterhin nicht auf einer kognitiven Ebene erarbeitet,<br />
sondern durch Bewegungen erprobt, die wiederum das Erleben der Beteiligten<br />
verändern. Man erkennt es von außen an deren Mimik und Gestik. Der<br />
Erkenntnisprozess verbleibt im szenischen Verstehen, auf einer analogen<br />
Ebene bzw. auf der Ebene des impliziten Wissens. Es soll sogar vermieden<br />
werden, diese Gefühle und Bewegungen zu interpretieren, um der Zerstörung<br />
des impliziten Wissens entgegenzuwirken. Durch die Veränderung der inneren<br />
Bilder kann es infolgedessen zu neuen Handlungsoptionen kommen. 179<br />
Für eine lerntheoretische Erklärung, die das dynamische Wechselspiel<br />
zwischen implizitem und explizitem Wissen berücksichtigt, soll auch auf eine<br />
Systematisierung der Bewusstseinsebenen, die auf GIDDENS zurückgeht,<br />
herangezogen werden. Wissen sieht er <strong>als</strong> eine Funktion des Bewusstseins an.<br />
Er nennt drei Bewusstseinsstufen: die Ebene des Unbewussten, die Ebene des<br />
handlungspraktischen Bewusstseins und die Ebene des diskursiven Bewusstseins.<br />
180<br />
Die unbewusste Ebene ist bei GIDDENS ebenfalls dadurch gekennzeichnet,<br />
dass die Akteure nicht oder nur in fragmentarischer Form auf die Gründe,<br />
die zu bestimmten Einstellungen oder Handlungen führen, zurückgreifen<br />
können. Auf dieser Stufe wirkt das implizite Wissen in seiner basalen Form,<br />
ohne dass es benennbar wird. Im handlungspraktischen Bewusstsein können<br />
die Akteure dagegen benennen, warum sie wie handeln. Sie können die Kontexte<br />
und Folgen ihres Handelns beobachten und sie mit den Motiven, Intentionen<br />
und Zielen abgleichen. Der hier sichtbar werdende Zusammenhang<br />
zwischen explizitem und implizitem Wissen kann dann in Lernprozessen<br />
thematisiert und verfolgt werden. In Organisationsentwicklungsprozessen<br />
werden so z. B. am Anfang die Motive und Ziele der Organisation und der<br />
Akteure ermittelt, Leitbilder entwickelt und darauf bezogen Handlungsstrategien<br />
entworfen, die im weiteren Verlauf beobachtet und verändert werden<br />
können.<br />
Auf der Ebene des diskursiven Bewusstseins stehen die Entstehung des<br />
Wissens und der Zusammenhang zwischen implizitem und explizitem Wissen<br />
zur Disposition. Die Akteure können die Gründe für Sinn- und Bedeu-<br />
178 Vgl. Hellinger 2003.<br />
179 Organisationsaufstellungen haben z. B. das Ziel, Beziehungen, wirkende Kräfte,<br />
Zusammenhänge von Strukturen in Systemen sichtbar zu machen. Auch die Lösungen sind<br />
Bilder, die mit atmosphärischen Zuschreibungen arbeiten.<br />
180 Giddens 1992, S. 432ff.<br />
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