Birgit Hilliger Paradigmenwechsel als Feld strukturellen ... - Budrich
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Wissen <strong>als</strong> Lerngegenstand<br />
sich an Umwelteinflüsse ohne große Erschütterungen ihrer Paradigmen anpassen<br />
können. 232<br />
Es handelt sich somit um strukturkompatible Variationen. Sie werden im<br />
System aufgenommen, können sich weiterentwickeln und -verbreiten. 233<br />
(Veranschaulicht werden Formen der strukturkompatiblen Variationen in<br />
Kapitel 2.1 anhand der Gestaltung neuer Lernformen in den dargestellten<br />
Projektbeispielen.)<br />
<strong>Paradigmenwechsel</strong><br />
Nun kann es in der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Einflüssen<br />
oder Sinnsystemen auch zu Strukturverschiebungen kommen, die keine<br />
<strong>strukturellen</strong> Kopplungen darstellen. In diesem Fall geht es um die Entwicklung<br />
neuer Wissensstrukturen, kultureller Codes oder Sinnsysteme, die immer<br />
mit einem Infragestellen oder gar der Zerstörung der alten Wissensstrukturen<br />
einhergeht.<br />
In dem Fall, in dem sich Wissen, Theorien oder Ideologien verändern<br />
und neue Bedeutungszuschreibungen, andere Sichtweisen und Fragestellungen<br />
entstehen, wird von einem <strong>Paradigmenwechsel</strong> gesprochen.<br />
Der Übergang von einer selbstkonstitutiven Selbst-Interpretation zu einer anderen stellt den<br />
Übertritt in eine ‚andere Welt’ dar, in der eine andere Sprache, andere Selbstkonzepte,<br />
Wertmuster, soziale Praktiken etc. existieren. 234<br />
Dafür müssen Identitäts- und Handlungsmöglichkeiten prädefiniert werden.<br />
Der Übergang von einem Paradigma zu einem anderen enthält deshalb nach<br />
Kuhn ein psychologisches und soziales Moment der „Bekehrung“. 235 Ein<br />
<strong>Paradigmenwechsel</strong> kann dann notwendig werden, wenn trotz bestehender<br />
Handlungsmuster ungewohnte Folgen eintreten, wenn nach konstruktivistischer<br />
Sichtweise die Konstruktionen, die Annahmen über die Wirklichkeit,<br />
ihre Bedeutungszuschreibungen nicht mehr passen und sie das System eher<br />
gefährden, den „Fluss des Lebens“ behindern und seine Weiterentwicklung<br />
hemmen.<br />
Sie sind oft getragen von dem wachsenden Gefühl, dass die existierenden Strukturen aufgehört<br />
haben, den Problemen, die eine teilweise von ihnen geschaffene Umwelt stellt,<br />
gerecht zu werden. 236<br />
232 Vgl. Fried 2003, S. 68.<br />
233 Vgl. Reckwitz 1997b, S. 21f.<br />
234 Rosa 1999, S. 20.<br />
235 Kuhn zitiert in Rosa 2003, S. 52.<br />
236 Rosa 1999, S. 17.<br />
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