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Birgit Hilliger Paradigmenwechsel als Feld strukturellen ... - Budrich

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Wissen <strong>als</strong> Lerngegenstand<br />

Dabei fehlt dem Beobachtenden die Reflexion der Tatsache, dass seine<br />

Wahrnehmungen und die eingeführte Unterscheidung bewusster und unbewusster<br />

institutioneller Prozesse gerade ein Produkt dieses Zusammenwirkens<br />

sind. Die einzige Möglichkeit, sich mit unbewussten Dynamiken auseinanderzusetzen,<br />

besteht in der Aushandlung des Rahmens, aus dem heraus<br />

verschiedene Beobachtungen aufeinander bezogen werden sollen, und des<br />

gemeinsamen Ziels der Analyse. In dieser Vorgehensweise können Selbst-<br />

und Fremdwahrnehmung zueinander in Beziehung gesetzt werden. Diese<br />

Sichtweisen stehen sich dann gleichberechtigt gegenüber, ohne dass der Beobachtende<br />

festlegt, auf welcher Ebene die Konsensbildung verläuft.<br />

In der Arbeit mit Selbst- und Fremdbeschreibungen bleiben die Wahrnehmungen<br />

in ihrer Innen- und Außenperspektive erhalten. Die Rekonstruktion<br />

unbewusster Motive kann nur in einer nachträglichen Interpretation und<br />

Deutungsarbeit erfolgen. Sie fungieren <strong>als</strong> Interventionen, mit denen sich die<br />

Beteiligten auseinandersetzen können, wobei die Verantwortung für die Interpretation<br />

des Unbewussten bei den Betroffenen bleibt.<br />

Eine Aufhebung der Subjekt-Objekt-Konstellation wird <strong>als</strong> ein weiteres<br />

Analysevorgehen beschrieben. Sie wird so praktiziert, dass die Beziehung<br />

und Interaktionen zwischen den Mitarbeitern des Unternehmens und dem<br />

Beobachtenden (Berater) selbst zum Thema gemacht werden. Dabei können<br />

Übertragungen sichtbar werden, die bisher so nicht wahrgenommen wurden.<br />

Es kommt hierbei zu einem gemeinsamen Verständigungsprozess, der <strong>als</strong><br />

kooperativer und koproduktiver Lernprozess bezeichnet werden kann und in<br />

dem keiner einen Verstehensvorsprung hat. Lernen bedeutet dabei, „Neues zu<br />

finden, ohne nach bekannten Fakten und Erklärungen zu suchen, etwas, was<br />

keiner der Beteiligten bisher wahrgenommen und gewusst hat“. 306<br />

Das „Unbewusste“ äußert sich über Irritationen, durch die Erfahrungen<br />

des Bruchs und der Grenzverletzungen. Das Unbewusste ist das Nichtintegrierte,<br />

das Produkt einer unvollständigen und für die Bewältigung der institutionellen<br />

Aufgaben ungenügenden Strukturbildung bzw. die Folge desintegrativer<br />

Operationen. 307 Es verortet sich in einer spezifischen Qualität der<br />

Beziehungen zwischen den Beteiligten, die durch die Dynamik des Nichtwissens<br />

vorangetrieben wird.<br />

Das „Unbewusste“ in Institutionen ist nichts, was unter der Oberfläche der beobachtbaren<br />

Interaktionen und Handlungen liegt. Es ist mit diesen Interaktionen und Handlungen identisch<br />

– allerdings nur in einem spezifischen Sinne. 308<br />

Die Geschehnisse in Unternehmen sind eingebettet in einen komplexen Systemzusammenhang,<br />

wobei einzelne institutionelle Beziehungen Teil eines<br />

306 Ebenda, S. 179.<br />

307 Vgl. ebenda, S. 185.<br />

308 Ebenda, S. 184.<br />

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