Birgit Hilliger Paradigmenwechsel als Feld strukturellen ... - Budrich
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Wissen <strong>als</strong> Lerngegenstand<br />
innerhalb des basalen Lernens durch basale interpretative Reflexion <strong>als</strong> handlungsleitendes<br />
und praktisches Verstehen und „Know-how“ immer wieder<br />
neu hervorgebracht.<br />
Einmal entstandene Erwartungsstrukturen wirken normativ und entfalten<br />
in den basalen Lernprozessen ihre strukturell rekursive und determinierende<br />
Wirkung. In den Theorien der sozialen Praktiken wird hervorgehoben, dass<br />
das entstehende „inkorporierte praktische Wissen“ dazu tendiert, immer wieder<br />
eingesetzt zu werden. Erwartungsstrukturen sind demzufolge das regulative<br />
Moment und werden in basalen Lernprozessen auch zu Erkenntnisgrenzen.<br />
In der systemischen Betrachtung wurden sie auch <strong>als</strong> Regulierungsmechanismen<br />
beschrieben, die zur Homöostase beitragen. Somit bilden die<br />
Erwartungsstrukturen selbst die Grenze zur Umwelt.<br />
Im Zusammenspiel des kulturellen Wissens, bestehender Ressourcen und<br />
der kognitiven Wissensstrukturen der handelnden Akteure werden sie zu<br />
sinnzuschreibenden Handlungskriterien. Durch die ihnen innewohnenden<br />
Bedeutungszuschreibungen beeinflussen Erwartungsstrukturen die Wahrnehmung<br />
der Umwelt, bestimmen Ziele, Sichtweisen und Fragestellungen.<br />
Es wurde aber auch darauf verwiesen, dass die Wissensstrukturen im<br />
Handeln der Menschen im jeweiligen Kontext immer wieder neu interpretiert<br />
werden müssen und so entsprechend ihres Kontextes, der Reichweite oder<br />
Intensität Spielräume für Verschiebungsprozesse und Innovationen bestehen.<br />
Es besteht insoweit die Möglichkeit einer basalen Veränderung der Erwartungsstrukturen.<br />
Diese liegt auch in der losen Kopplung von unterschiedlichen<br />
Wissensstrukturen in den Subjekten oder im Zusammentreffen unterschiedlicher<br />
Wissensstrukturen in Gruppen, Teams usw. begründet.<br />
Durch kontextspezifische Umdeutungen, durch Variationsmöglichkeiten<br />
und letztlich auch durch gänzliches Fehlen kulturellen und kognitiven Wissens<br />
ist der Raum für die Verschiebung oder Veränderung von Wissensstrukturen<br />
gegeben. Das Variationsspektrum bewegt sich dabei meist im Rahmen<br />
der <strong>strukturellen</strong> Kopplung, wobei Bedeutungs- bzw. Sinnzuschreibungen<br />
oder Identitäten nicht maßgeblich verändert werden. Das ist v. a. darauf zurückzuführen,<br />
dass Strukturbildung <strong>als</strong> basaler Lernprozess auf einer un- und<br />
vorbewussten Ebene stattfindet. Auf dieser werden die Erwartungsstrukturen<br />
<strong>als</strong> solche nicht bewusst wahrgenommen bzw. können <strong>als</strong> solche nicht benannt<br />
werden. Das brachte ihnen die Bezeichnung <strong>als</strong> „Nichtwissen“ ein.<br />
Für den Fall, dass sie in Handlungszusammenhängen eine regressive<br />
Wirkung entfalten, weil sie für die Lösung von anstehenden Aufgaben oder<br />
Problemen nicht passen, an ihnen aber auch im sogenannten Enttäuschungsfall<br />
festgehalten wird, wurden sie von LUHMANN auch <strong>als</strong> „lernunwillige<br />
Erwartungen“ bezeichnet.<br />
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