Birgit Hilliger Paradigmenwechsel als Feld strukturellen ... - Budrich
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Wissen <strong>als</strong> Lerngegenstand<br />
kommunizieren können (Sinnsysteme, psychische Systeme, biologische Systeme,<br />
triviale Systeme). 226 Nunmehr können Wechselwirkungen zwischen<br />
verschiedenen Systemen, z. B. zwischen Psyche und Krankheitssymptomen,<br />
wahrgenommen werden, die ausgehend von einer luhmannschen Theorie so<br />
nicht beschrieben werden können bzw. dort nicht zum Gegenstand erhoben<br />
werden. Ansatzweise wurden in Kapitel 3.1.4 ähnliche Steuerungs- und<br />
Wahrnehmungsgrenzen am Beispiel des Operationsmodus Bewusstsein im<br />
psychischen System diskutiert.<br />
LUHMANN versteht Gesellschaft nicht <strong>als</strong> eine Ansammlung von Menschen,<br />
sondern <strong>als</strong> operativ geschlossenen Prozess der Kommunikation. Für<br />
die Betrachtung des Verhältnisses zwischen Wissensstrukturen und Handlungen<br />
wird die Beschreibung der Wissensstrukturen <strong>als</strong> selbstreferenzielle soziale<br />
Operationen interessant. „Selbstreferenzialität“ soll heißen: Der Zusammenhang<br />
zwischen Strukturen und Handlungen wird aus der systemischen<br />
Perspektive <strong>als</strong> Selbstorganisation von Systemen oder auch Autopoiesis beschrieben.<br />
Autopoietische Systeme sind informell geschlossen. Sie können sich nur<br />
auf ihre internen Operationen beziehen, sind aber gleichzeitig kognitiv offen.<br />
Das System schafft sich durch systeminterne Unterscheidungen entsprechend<br />
der eigenen Wissensstrukturen eine spezifische Umweltsensibilität. Die Ordnungsstrukturen<br />
wirken determinierend in der Auseinandersetzung mit der<br />
Umwelt und operieren induktiv. 227 Das bedeutet, Systeme sind nicht reaktiv;<br />
die „Umwelt“ kann Zustandsveränderungen in der Struktur des Systems nicht<br />
steuern, nur anregen.<br />
Als autopoietisch wird ein System bezeichnet, das sich selbst erzeugt, indem es sich ausschließlich<br />
auf eigene Operationen bezieht. Diese Operationen produziert das System<br />
selbst. Das Abkoppeln von der Umwelt wird dabei <strong>als</strong> ein rekursiver Prozess betrachtet.<br />
Die systemeigenen Operations-Strukturen bilden demnach auch die Grenzen des Systems<br />
zur Umwelt. Diese Grenzen sind allerdings nicht statisch, sondern werden operativ erzeugt<br />
und sind damit <strong>als</strong> variabel zu betrachten. 228<br />
Für KROEBER/KLUCKHOHN 229 sind soziale Systeme strukturdeterminierte<br />
Ganzheiten, die durch tradierte, d. h. in der Geschichte begründete Sichtweisen<br />
geprägt sind und die ihre eigene System- und Entwicklungsdynamik<br />
haben. Für MATURANA sind sie aufgrund ihrer zirkulären Organisation induktive<br />
Systeme und funktionieren in prognostizierender Weise:<br />
226 Vgl. dazu die Ausführungen von Wasser, der bereits in der Diskussion bzgl. der<br />
Bewusstseinsebenen und möglicher Zugangswege zum Wissen herangezogen wurde;<br />
Wasser 2003, S. 25.<br />
227 Vgl. Gairing 1999, S. 142.<br />
228 Ebenda, S. 141.<br />
229 Vgl. Kroeber/Kluckhohn 1952.<br />
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