Birgit Hilliger Paradigmenwechsel als Feld strukturellen ... - Budrich
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Reflexive Institutionalisierung<br />
Im Wechsel vom Beobachtungsparadigma, in dem semantische Zuschreibungen<br />
auf der Grundlage von Interpretationen erschlossen werden,<br />
zum „Verstehensparadigma“, das auf Wahrnehmung und interkultureller<br />
Verständigung basiert, muss sich die wissenschaftliche Gemeinschaft ihrer<br />
Grundlagen rückversichern, bzw., so Schä,ffter, „stellt sich die eingeschliffene<br />
Orientierung am traditionellen Forschungsparadigma in Frage“ 450 . Eine<br />
Frage, die sich gleichfalls aus den Erfahrungen im KNW herauskristallisierte,<br />
war: Wie kann es zukünftig gelingen, für die unterschiedlichen Akteursgruppen,<br />
einschließlich der Ebene der Wissenschaftler, den förderlichen Rahmen<br />
so weiterzuentwickeln, dass die Widerstände in ihren vielfältigen Formen, die<br />
unintendierten Handlungsfolgen oder wahrgenommener Wirkungsverlust <strong>als</strong><br />
Lernanlässe aufgegriffen werden – sowohl auf der Programm- <strong>als</strong> auch Projektebene<br />
– und dass diese in ihrer phänomenalen Struktur produktiv bearbeitbar<br />
werden?<br />
In der Konsequenz muss die wissenschaftliche Gemeinschaft ihrerseits<br />
reflexive Formen der Verständigung finden, in denen sie sich, aus einer<br />
„Teilnehmerperspektive“ im Transformationsprozess, auf die Dynamik und<br />
Komplexität der Veränderungen ein- und irritieren lässt. Wiederum geht es<br />
um interkulturelle Verständigung, innerhalb derer die wissenschaftliche Gemeinschaft<br />
sich mit den eigenen Grundüberzeugungen, Werten und Zuschreibungen<br />
und ihrer Verortung in jeweiligen Scientific Communities,<br />
sowie mit anderen Perspektiven bzw. differenten Bedeutungshorizonten reflexiv<br />
auseinandersetzt. Diese Perspektiven und Bedeutungen generieren <strong>als</strong><br />
kognitive und normative soziale Dispositionen erst bestimmte Probleme,<br />
lassen bestimmte Fragestellungen zu und konstituieren die Regeln, Verfahren<br />
und Praktiken im wissenschaftlichen <strong>Feld</strong>. 451 Aberm<strong>als</strong> läuft dieser Verständigungsprozess<br />
hinaus auf eine Klärung des Funktions- und Leistungsverständnisses<br />
und der anstehenden Entwicklungsoptionen im paradigmatischen<br />
Wandel.<br />
Der Anspruch, das dafür erforderliche Forschungsdesign reflektierend<br />
weiterzuentwickeln und zu konstituieren, bedarf der Vervollständigung des<br />
Reflexionsstufenkonzepts auf der Ebene der wissenschaftlichen Begleitung<br />
bei gleichzeitiger Erarbeitung eines theoretischen Metakonzepts, von dem aus<br />
die unterschiedlichen Strukturen der Forschungspraktiken skizziert und bewertet<br />
werden können. Es ist davon auszugehen, dass hierbei „Theoriebildung<br />
und politisch-soziale Praxis in einem unauflöslichen Wechselbezug<br />
stehen, in dem Theorien selbst Bestandteil der kulturellen Wirklichkeit<br />
sind“ 452 .<br />
450 Schäffter 2005, S. 197.<br />
451 Vgl. Rosa 2003, S. 49.<br />
452 Rosa (1995, S. 69) bezieht sich hier auf Taylor, C. (1983), “Political theory and practice”,<br />
in: C. Lloyd (Hrsg): Social theory and political practice, Oxford, S. 61–86; D. Miller/L.<br />
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