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Birgit Hilliger Paradigmenwechsel als Feld strukturellen ... - Budrich

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Wissen <strong>als</strong> Lerngegenstand<br />

sammenhang mit organisationalen Strukturen wahrgenommen werden, zum<br />

Gegenstand der Analyse. 302 Im Gegensatz zu anderen Analysemethoden, in<br />

denen die Erfahrungen und Wahrnehmungen sprachlich expliziert werden,<br />

werden in ihnen Wahrnehmungen in Bildern und Szenen dargestellt und nicht<br />

versprachlicht. Der Zugang zum genannten unbewussten Wissen erfolgt hier<br />

über Methoden des szenischen Verstehens, in denen ausschließlich die Darstellung<br />

der Wahrnehmungen praktiziert wird.<br />

In den Methoden des Organisationsstellens wird dazu jedoch ebenfalls<br />

mit „Außenstehenden“ gearbeitet, die hier <strong>als</strong> Stellvertreter fungieren. Das<br />

hat den Vorteil, dass sie Wahrnehmungen darstellen und Bilder entwickeln<br />

können, ohne dass der Zugang zu ihnen durch die dahinterliegenden Bedeutungszuschreibungen<br />

der fragenden Personen versperrt wird. Diese verbleiben<br />

<strong>als</strong> Beobachter der szenischen Bilder. Somit geht es nicht um Beobachtungen<br />

aus einer Außenperspektive, sondern die Stellvertreter werden zum<br />

Medium, über das Selbst- und Systemreflexion von unbewussten Strukturen<br />

erfolgen kann.<br />

Wenn die Wahrnehmung der unbewussten Wissensstrukturen entlang<br />

von Sinnzuschreibung nur aus einer Außenperspektive möglich wäre, würde<br />

das bedeuten, dass die Beobachter Wissen über Zusammenhänge des Erlebens<br />

der Beobachteten erlangen können und die Beobachteten selbst mit<br />

ihrem „Nichtwissen“ zurückbleiben. WELLENDORF bemerkt dazu kritisch,<br />

dass die Beobachtung eines anderen über dessen unbewusste Prozesse eine<br />

Grenze überschreite, die <strong>als</strong> Verständigung über die Wahrnehmung eines<br />

Dritten gilt. 303<br />

Die Mitglieder eines Unternehmens haben z. B. eine eigene Sicht auf die<br />

institutionelle Realität, die sich von der des Beobachtenden unterscheiden<br />

kann. Die Zuschreibung des Beobachters, dass Mitarbeiter aus dem „Unbewussten“<br />

heraus handeln, wäre von den Unternehmensmitgliedern nicht zu<br />

widerlegen. WELLENDORF stellt das am folgenden Beispiel dar:<br />

„Ihr Verhalten gegenüber Ihrem jüngeren Kollegen ist Ausdruck eines unbewussten Neides<br />

auf seine fachliche und vitale Potenz.“ – „Nein, das stimmt nicht!“ – „Sehen Sie, das sag<br />

ich ja: Ihr Neid ist unbewusst.“ 304<br />

Das Konzept des „Unbewussten“ in der Institution entsteht aus einer Distanz<br />

zu den institutionellen Prozessen und Strukturen. Der Analytiker bleibt, was<br />

immer mit ihm in seiner Beziehung zur Institution geschieht, Herr über die<br />

Unterscheidung, die über die institutionelle „Wahrheit“ und „Unwahrheit“<br />

entscheidet. Das <strong>Feld</strong> des „Unbewussten“ ist sein Herrschaftsbereich. 305<br />

302 Vgl. Ruppert 2001.<br />

303 Vgl. Wellendorf 1997.<br />

304 Ebenda, S. 174.<br />

305 Ebenda, S. 175.<br />

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