Birgit Hilliger Paradigmenwechsel als Feld strukturellen ... - Budrich
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Reflexives Lernen in der Erwachsenenpädagogik<br />
onswissen, Regelwissen usw. – in welchen Situationen angemessen ist. 359<br />
Verweisungskausales Erklären geht von der Annahme aus, dass ein semantisches<br />
Geschehen sich zerlegen lässt in eine Abfolge semantischer Einheiten<br />
(wobei eine Einheit eine Konstellation kopräsenter Komponenten sein<br />
kann). 360<br />
In diesem Erklärungsmodell verläuft die Erkenntnis entlang einem linearen<br />
Beziehungsmodell zwischen Ursachen und Wirkungen. Durch die Vermittlung<br />
von Wissen, aber auch durch äußere Veränderung von Regeln können<br />
entsprechende Veränderungen herbeigeführt werden. Die subjektiven<br />
Erlebnisse der Akteure selber sind in der semantischen Denkform <strong>als</strong> verweisungskausale<br />
Größen irrelevant. Die semantischen Einheiten werden nicht in<br />
ihrem Erleben betrachtet. Phänomenales wird aus dem semantischen Kosmos<br />
ausgeschlossen und damit subjektives Erleben vom semantischen Verweisungszusammenhang<br />
getrennt.<br />
In Forschungsprozessen, die auf der semantischen Ebene geplant werden,<br />
dient subjektives Erleben lediglich <strong>als</strong> Erkenntnismittel und wird relativ zum<br />
semantischen Gegenstand objektiviert. Für die Forschungspraxis hat das die<br />
Konsequenz, dass semantische Zusammenhänge durch einen Beobachter,<br />
eine Beobachterin von außen ermittelt und entsprechende Interventionen<br />
geplant werden können. Die Forschungspraxis verläuft zum größten Teil über<br />
Studien, zum Teil werden auch soziale Lebenslagen experimentell inszeniert<br />
und beobachtet. 361 So kann zum Beispiel die identitätsstiftende Funktion von<br />
Lerneinstellungen von Erwachsenen, die aus bildungsfernen Familien kommen,<br />
ermittelt werden: Welcher Habitus ist ihnen eigen? Es ist nicht von<br />
Interesse, inwieweit die Lerneinstellungen den Personen in ihrem Erleben<br />
selbst gegeben sind. 362<br />
Auf dieser Grundlage stehen zum Beispiel Persönlichkeitstests oder die<br />
Ermittlung von Lerntypen. Die Typologien beruhen auf empirischen Beobachtungen<br />
und folgen dem Ziel, Vorhersagen für Lernpräferenzen treffen<br />
zu können. Als Grundlage werden semantische Verweisungsbezüge aufgestellt.<br />
Sie orientieren sich an empirisch belegbaren, wiederkehrenden Mustern:<br />
etwa wie jemand seine Umwelt wahrnimmt und welche Schlüsse aus<br />
359 Ebenda, S. 261. Ein profanes Beispiel: An der zunehmenden Aufspaltung zwischen Arm<br />
und Reich in einer Gesellschaft ist die Globalisierung wirtschaftlicher Zusammenhänge<br />
schuld. Vgl. ebenda, S. 194.<br />
360 Vgl. ebenda, S. 193.<br />
361 Vgl. ebenda, 217. Laucken benennt auch die Aktionsforschung, in der semantische und<br />
soziale Probleme <strong>als</strong> empirische Erkenntnisquelle beobachtet werden. Des Weiteren können<br />
inhaltsanalytische Verfahren (Interpretationswerkstätten) zu einer Handlungspraxis in der<br />
semantischen Denkform gezählt werden.<br />
362 Vgl. ebenda, 360.<br />
196