Birgit Hilliger Paradigmenwechsel als Feld strukturellen ... - Budrich
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Reflexives Lernen in der Erwachsenenpädagogik<br />
dem Wahrgenommenen gezogen werden. Daraus werden wiederum Analyseinstrumente<br />
entwickelt, die der individuellen Selbsteinschätzung dienen. 363<br />
Die phänomenale Denkform<br />
In der phänomenalen Denkform wird die Welt der Erscheinungen und des<br />
Erlebens <strong>als</strong> eigenständige Realität betrachtet. 364 „Es gibt eine phänomenale<br />
Realität (ein phänomenales Sein). Diese (dieses) ist das erlebend-gelebte Inder-Welt-Sein<br />
von Menschen.“ 365 Es wird davon ausgegangen, dass es eine<br />
universelle Struktur unseres In-der-Welt-Seins gibt. Diese Struktur ist geschichtsförmig<br />
und intentional geprägt. Entsprechend sind Gefühle Bestandteile<br />
eines Sinnzusammenhangs und konstituieren sich wechselseitig. Angst<br />
kann zum Beispiel nicht abstrakt erlebt werden, sondern immer nur in Bezug<br />
zu einer gelebten Geschichte. 366 Die Sinnhaftigkeit des Gefühls kann nur im<br />
Erleben von Gefühlen zum Ausdruck gebracht werden, anhand der Beschreibung<br />
einer bestimmten Situationen oder Interaktion. Die Beschreibung entspricht<br />
der individuellen Interpretation und verweist auf die dieser Interpretation<br />
zugrunde liegenden Wissensstrukturen.<br />
Wenn man über seelische Erlebnisse spricht, so tritt nie das Ereignis selbst zutage, sondern<br />
stets das, wie wir darüber denken, wenn wir es zum Gegenstand der Reflexion machen. 367<br />
Die Erlebenszusammenhänge können, so LAUCKEN, in ihrem phänomenalen<br />
Sein für Erkenntnisprozesse problemlos objektiviert und mithin sinnkausal<br />
erforscht werden. So beschreibt er diese Denkform auch <strong>als</strong> eine Variante des<br />
Beobachtens und Erkennens im Blick auf ein Drittes (Person, Organisation).<br />
Die Beobachtung kann über narrative Analysen, aber auch über Textanalysen<br />
oder <strong>als</strong> teilnehmende Beobachtung erfolgen. 368 Die Auffassung, dass Sinnstrukturen<br />
aus einer Außenperspektive ermittelt oder gar zugeschrieben wer-<br />
363 Vgl. Bents/Blank 2005, S. 7ff.<br />
364 Vgl. Laucken 2003, S. 305.<br />
365 Ebenda, S. 305. Laucken übernimmt Begriffe von Heidegger und aus Husserls<br />
Phänomenologie, die ontologische Fragen aufgreifen. Bei ihnen geht es um die<br />
Letztfindung menschlichen Seins. Ihre Forschung ist davon getragen, die Welt der<br />
Phänomene <strong>als</strong> Grundlage und Medium der menschlichen Existenz, <strong>als</strong> Basis jeden<br />
Erkennens herauszustellen. Für Laucken sind diese fundamentalen Überlegungen nicht<br />
Bestandteil der phänomenologischen Denkform, vielmehr wird herausgearbeitet, auf<br />
welcher Erkenntnisebene wir uns befinden.<br />
366 Vgl. ebenda, S. 345. Laucken bezeichnet diesen Zusammenhang <strong>als</strong> narrative Struktur oder<br />
Sinnordnung: Jedes erlebend gelebte „Ich“ oder „Wir“ ist ein jeweils irgendwie in eine<br />
Geschichte verstricktes „Ich“ oder „Wir“. Die Geschichte <strong>als</strong> Ordnungsfigur phänomenal<br />
gelebten Lebens ermöglicht Menschen, sich jeweils lebensgeschichtlich zurechtzufinden<br />
und auszurichten.<br />
367 Laucken zitiert Hannah Arendt in: ebenda, S. 306.<br />
368 Vgl. ebenda, S. 355f.<br />
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